Einmalige Wandmalereien von ca. 1530
Die Archäologen der Direktion des Innern haben in einem Bauernhaus in Baar vor dessen Abbruch Reste eines mittelalterlichen Holzbaus gefunden. Grosse Wandmalereien mit der Darstellung eines Zuger Fahnenträgers, einer Kreuzigungsszene und von Heiligen kamen zum Vorschein. Sie geben einen unschätzbar wertvollen Einblick in ein Zentralschweizer Wohnhaus am Ende des Mittelalters.
An der Leihgasse in Baar wurde im Sommer 2010 ein Bauernhaus abgebrochen. Die Kantonsarchäologie der Direktion des Innern des Kantons Zug untersuchte den Bau vor dessen Abbruch. Es handelte sich um ein 1665 erbautes und für diese Zeit typisches Haus. Erst im Verlauf der Untersuchung bzw. nach der Entfernung des modernen Täfers entdeckten die Fachleute, dass die eine Hälfte des Hauses Reste eines viel älteren Holzbaus enthielt. Davon waren bloss die Stube und eine Kammer erhalten. Die mittelalterliche Stube mit einer Grundfläche von 21 Quadratmeter wies an der Fassade Fenster auf. Zur Küche hin stand der Kachelofen. Die Jahrringdatierung der Bauhölzer ergab das Baujahr 1420. Es handelt sich um das älteste bis jetzt bekannte Wohnhaus in Baar. Die verborgenen Malereien waren mit Russ so sehr verschmutzt, dass sie zunächst kaum zu erkennen waren. Sämtliche Teile des mittelalterlichen Holzbaus wurden geborgen und die Malereien en bloc zur Konservierung und Restaurierung gebracht. Die Fachleute haben ihre Arbeit vor wenigen Tagen abgeschlossen.
Prächtige Malereien aus der Reformationszeit
Die Restaurierung hat ein farbenprächtiges und figurenreiches Ensemble aus der Zeit um 1530 hervorgebracht. An der einen Wand im "Herrgottswinkel" sind Jesus am Kreuz mit Maria und Johannes dargestellt. An der Wand gegenüber sind zwischen Ranken drei Figurengruppen zu sehen. Sie stehen in engem Zusammenhang mit dem Ort Baar und dem Auftraggeber der Malereien. Zu erkennen sind nämlich der Heilige Martin, ein Zuger Fahnenträger sowie der Heilige Eligius. Der Heilige Martin, der seinen Mantel mit einem Bettler teilt, ist bis heute Patron der Kirche Baar. Der Heilige Eligius ist als Schmied in seiner Werkstatt dargestellt. Darstellungen von Eligius sind sehr selten. Er war Patron der Schmiede. Es könnte sich ursprünglich also um das Wohnhaus eines Schmieds gehandelt haben. Mit dem Fahnenträger ist möglicherweise ein Krieger und Amtsträger dargestellt, der im Haus gewohnt hat. Vielleicht erinnert er auch an den Zweiten Kappelerkrieg, dessen Schlachten und Gefechte im Herbst 1531 in der Umgebung von Baar ausgetragen worden sind. Die von Zürich angeführten reformierten Truppen unterlagen damals der katholischen Zentralschweiz, darunter auch dem Kanton Zug.
Präsentation für die Öffentlichkeit
"Der Fund einer gut erhaltenen und grossflächig ausgemalten Stube jener Zeit ist eine Sensation. Denn dadurch gewinnen wir einen anschaulichen und nahen Einblick in die ländliche Lebenswelt am Ende des Mittelalters.", erklärt der Archäologe Adriano Boschetti-Maradi. Die Malereien sind derart gross, dass sie vorderhand in keinem Museum ausgestellt und deshalb nicht öffentlich zugänglich sind. Im Rahmen des Europäischen Denkmaltages vom 11. September 2011 wird das Amt für Denkmalpflege und Archäologie an der Hofstrasse 15 in Zug der Bevölkerung die einmalige Möglichkeit bieten, die Malereien von 14–17 Uhr zu besichtigen.
Direktion des Innern
Adriano Boschetti-Maradi
Weitere Auskünfte:
Adriano Boschetti-Maradi,
Fachbereichsleiter Mittelalter- und Neuzeit Tel. 041 728 28 65
adriano.boschetti@zg.ch
Fotos:
Quelle: Amt für Denkmalschutz und Archäologie Kanton Zug
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