Informationslücken bei älterer Migrationsbevölkerung
Sprachhürden, Hemmungen und fehlendes Wissen sind dafür verantwortlich, dass Seniorinnen und Senioren mit Migrationshintergrund bestehende Hilfs- und Beratungsangebote sowie Gesundheitsdienstleistungen im Kanton Zug nur geringfügig nutzen. Zu diesem Schluss kommt eine Studie der Fachhochschule Nordwestschweiz. Befragt wurden Fachleute, Vereine sowie Migrantinnen und Migranten kurz vor oder nach der Pensionierung.
Pflegedienstleitungen, Spitexangebote, Sozialversicherungen, Anmeldung und Umzug in Alters- oder Pflegeheime - ausländische Seniorinnen und Senioren oder Betagte mit Migrationshintergrund sind in solchen Situationen häufig überfordert und leiden unter einem Informationsdefizit. Weil sie mit dem hiesigen System nicht vertraut sind, nehmen sie oftmals staatliche oder institutionelle Unterstützung im Bereich Gesundheit und Soziales nicht in Anspruch. «Oft weiss diese Bevölkerungsgruppe nicht, an wen sie sich mit ihren Fragen oder Problemen wenden kann», lautet das Fazit von Studienleiterin Luzia Jurt. Sie hat die Studie im Auftrag der Abteilung «Generationen und Gesellschaft» des kantonalen Sozialamtes realisiert und legt nun die Resultate samt Schlussbericht vor. Vorurteile gegenüber staatlichen Institutionen, negative Erfahrungen in der Vergangenheit, Unwissenheit oder Sprachprobleme sind die Gründe, weshalb Zugezogene im Pensionsalter bestimmte (Leistungs-)Angebote nicht kennen und in der Folge davon ausgeschlossen bleiben.
«Die Erkenntnisse decken sich weitgehend mit unserer Einschätzung. Sie helfen uns nun bei den Bestrebungen, Informationslücken innerhalb des Kantons zu schliessen», so Regierungsrätin Manuela Weichelt-Picard. «Nicht die Angebote müssen ausgebaut, sondern der Zugang zu ihnen muss verbessert werden», betont die Vorsteherin der Direktion des Innern. Dienstleistungen, die von der öffentlichen Hand getragen oder finanziell unterstützt würden, sollen tatsächlich jenen Menschen zu Gute kommen, die sie auch brauchen. Dies gelte auch für Menschen mit Migrationshintergrund, die nach ihrer Pensionierung entgegen den ursprünglichen Absichten nicht in ihre alte Heimat zurückkehren. «Das Thema Migration im Alter wird darum in den nächsten Jahren noch an Bedeutung gewinnen», so Regierungsrätin Manuela Weichelt-Picard. Schätzungen zufolge bleibt ungefähr ein Drittel der Personen im Pensionsalter in der Schweiz, ein Drittel zieht ins Herkunftsland zurück und ein Drittel pendelt zwischen zwei Nationen, wobei diese Lebensform vor allem finanzkräftigen Schichten vorbehalten ist. Bei den älteren Migrantinnen und Migranten handelt sich allerdings auch um eine sehr heterogene Bevölkerungsgruppe. «Viele ihrer Bedürfnisse decken sich mit jenen der Einheimischen. Auch die Zugewanderten wollen beispielsweise so lange wie möglich in der eigenen Wohnung leben», betont Jris Bischof, Leiterin des Kantonalen Sozialamtes.
Vorbehalte, Tabus und Ängste
Die grössten Informationsdefizite bestehen bei den Sozialversicherungen und Ergänzungsleistungen. Häufig kursieren in diesen komplexen Themengebieten auch Fehlinformationen bezüglich Leistungsanspruch. Vorbehalte sind gegenüber Alters- und Pflegeheimen auszumachen. Einige der befragten Migrantinnen und Migranten befürchten, wegen ihrer Herkunft, Ethnie oder Religion nicht akzeptiert oder schlecht behandelt zu werden. Verbreitet ist die Vorstellung, dass ein Heimeintritt wegen der hohen Kosten dereinst gar nicht möglich ist. Bedauert wurde überdies, dass Bestattungsriten unterschiedlicher Religionen im Kanton Zug oft nicht mit der Friedhofsordnung vereinbar sind und kein muslimisches Grabfeld existiert. Aus den Befragungen geht überdies hervor, dass innerhalb der älteren Generation der Zuwanderten Themen wie Alkoholkonsum und häusliche Gewalt oft tabuisiert werden bzw. Betroffene es nicht wagen, hier die nötige Hilfe holen. Auch kommt es immer wieder vor, dass Seniorinnen und Senioren mit Migrationshintergrund aus sprachlichen Gründen auf Arztbesuche verzichten. Zudem stellt die Studienleiterin fest, dass die Migrationsbevölkerung des Kantons Zug in den gemeindlichen Alterskonzepten kaum thematisiert wird und deren spezifische Bedürfnisse nicht berücksichtigt werden. Die Mehrheit der Befragten gab zudem an, die Angebote der Pro Senectute nicht zu kennen.
Ab Juni 2015 wird das kantonale Sozialamt in Absprache mit den befragten Vereinen und Institutionen Massnahmen diskutieren, um die Defizite zu beheben. Der Bericht «Alter und Migration - Zur Situation der älteren Migrationsbevölkerung im Kanton Zug» kann auf der Website des kantonalen Sozialamtes heruntergeladen werden: www.zg.ch/sozialamt - Generationen und Gesellschaft.
Direktion des Innern
Weitere Auskünfte:
Jris Bischof - Leiterin des Kantonalen Sozialamtes Telefon: 041 728 31 74
jris.bischof@zg.ch
Downloads
Typ | Titel | Bearbeitet |
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Alter und Migration - Bericht zur Situation der älteren Migrationsbevölkerung im Kanton Zug | 15.04.2015 | |
Informationslücken bei älterer Migrationsbevölkerung | 15.04.2015 |