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16.05.2017

Stel­lung­nah­me zu Bun­des­ge­richts­ur­teil

16.05.2017
Me­di­en­mit­tei­lung - Stel­lung­nah­me zu Ur­teil BGer be­züg­lich Haft­an­ord­nung afgh. Fa­mi­lie

Die Si­cher­heits­di­rek­ti­on nimmt das Ur­teil zur Kennt­nis, das den Fokus auf zen­tra­le grund­recht­li­che Fra­gen rich­tet. Al­ler­dings lässt das Bun­des­ge­richt wich­ti­ge Aspek­te zum be­tref­fen­den Fall offen. Un­ver­ständ­lich ist, warum das Ri­si­ko des Un­ter­tau­chens nicht in die Er­wä­gun­gen ein­ge­flos­sen ist. Das Ur­teil be­kräf­tigt die Not­wen­dig­keit, ge­eig­ne­te Räum­lich­kei­ten für aus­rei­se­pflich­ti­ge Fa­mi­li­en zu er­stel­len. Ein An­lie­gen, das der Kan­ton Zug be­reits in die na­tio­na­le Po­li­tik ge­tra­gen hat.

Das Bun­des­ge­richt hat die Be­schwer­de gegen die Haft­an­ord­nun­gen für eine af­gha­ni­sche Fa­mi­lie, die Ende Ok­to­ber 2016 im Rah­men des Dublin-​Abkommens nach Nor­we­gen zu­rück­ge­bracht wor­den ist, gut­ge­heis­sen. Die El­tern wur­den in Aus­schaf­fungs­haft ge­nom­men und die drei äl­te­ren Kin­der wäh­rend die­ser Zeit in einem Kin­der­heim un­ter­ge­bracht. Das Bun­des­ge­richt kommt zum Schluss, dass diese Tren­nung der Fa­mi­lie un­ver­hält­nis­mäs­sig war, weil mil­de­re Mass­nah­men, wie etwa die Un­ter­brin­gung in einer kan­tons­ei­ge­nen Lie­gen­schaft oder einem Durch­gangs­heim, zu wenig gründ­lich ab­ge­klärt wor­den seien.

Kin­des­wohl hat hohe Prio­ri­tät
Die Si­cher­heits­di­rek­ti­on nimmt das Ur­teil des Bun­des­ge­richts zur Kennt­nis. Sie an­er­kennt und un­ter­stützt, dass das Bun­des­ge­richt dem Kin­des­wohl höchs­te Be­deu­tung bei­misst. Von die­sem Ge­dan­ken war auch das Han­deln der Zuger Be­hör­den immer ge­lei­tet, wie der Zuger Si­cher­heits­di­rek­tor Beat Vil­li­ger be­stä­tigt: «In die­sem de­li­ka­ten und an­spruchs­vol­len Fall haben die in­vol­vier­ten Be­hör­den her­vor­ra­gend und mit sehr viel Fin­ger­spit­zen­ge­fühl zu­sam­men­ge­ar­bei­tet. Das Wohl­erge­hen der Kin­der hatte dabei immer al­ler­ers­te Prio­ri­tät.»

Be­dau­er­li­cher­wei­se geht das Ur­teil nicht dar­auf ein, wie die je­wei­li­gen Fa­mi­li­en­ver­hält­nis­se in Bezug auf das Kin­des­wohl bei den Ent­schei­den im Ein­zel­fall zu be­rück­sich­ti­gen sind. So haben im vor­lie­gen­den Fall in­ner­fa­mi­liä­re Zu­stän­de und Vor­fäl­le die Ent­schei­dun­gen des Amts für Mi­gra­ti­on er­heb­lich be­ein­flusst. Hier wäre für den Um­gang mit künf­ti­gen Fäl­len Klar­heit vom Bun­des­ge­richt er­wünscht.

Ge­fahr des Un­ter­tau­chens nicht er­wo­gen
Wäh­rend ihrem Auf­ent­halt im Kan­ton Zug be­kräf­tig­ten die El­tern mehr­fach, dass sie nicht ge­willt seien, die Schweiz zu ver­las­sen und sie ver­hiel­ten sich ent­spre­chend. Die in der Schweiz wohn­haf­te Ver­wandt­schaft setz­te gleich­zei­tig alle Hebel in Be­we­gung, dass die Fa­mi­lie in der Schweiz blei­ben konn­te. Es er­staunt darum sehr, dass das Bun­des­ge­richt die Ge­fahr des Un­ter­tau­chens in sei­nem Ur­teil nicht in Er­wä­gung ge­zo­gen hat. Denn die­ser Um­stand spiel­te für das Han­deln des Amts für Mi­gra­ti­on in die­sem Fall eine zen­tra­le Rolle.

Um die Aus­rei­se der gan­zen Fa­mi­lie si­cher­zu­stel­len gab es nach dem ge­schei­ter­ten ers­ten Aus­rei­se­ver­such keine an­de­re Mög­lich­keit als die El­tern in Aus­schaf­fungs­haft zu neh­men und die Kin­der in einer ge­eig­ne­ten, auf Kin­der spe­zia­li­sier­te In­sti­tu­ti­on un­ter­zu­brin­gen. Selbst­ver­ständ­lich eva­lu­ier­te das Zuger Amt für Mi­gra­ti­on dabei sorg­fäl­tig auch an­de­re Mass­nah­men, die in die­sem Fall aber ver­wor­fen wer­den muss­ten.

Ge­set­zes­lü­cke nicht ge­schlos­sen
Da Kin­der unter fünf­zehn Jah­ren nicht in­haf­tiert wer­den dür­fen – was die Si­cher­heits­di­rek­ti­on aus­drück­lich un­ter­stützt und auch nie zur De­bat­te stand – bleibt im Fall der Haft der El­tern keine an­de­re Mög­lich­keit als die Un­ter­brin­gung in einem Kin­der­heim. In den vor­han­de­nen Un­ter­künf­ten oder im Durch­gangs­heim, wo die Fa­mi­lie zuvor ein­quar­tiert war, kann keine Be­wa­chung oder Be­glei­tung rund um die Uhr si­cher­ge­stellt wer­den. Be­dau­er­li­cher­wei­se klärt das Ur­teil nicht über er­laub­te Al­ter­na­ti­ven zur Si­cher­stel­lung der Aus­rei­se von Fa­mi­li­en auf. Hier be­steht wei­ter­hin eine Ge­set­zes­lü­cke, wie mit Fa­mi­li­en in Fäl­len einer Ad­mi­nis­tra­tiv­haft recht­mäs­sig um­ge­gan­gen wer­den muss, wenn klare An­zei­chen für ein Un­ter­tau­chen vor­han­den sind. So mahnt Si­cher­heits­di­rek­tor Beat Vil­li­ger: «In der Kon­se­quenz be­deu­tet die­ses Bun­des­ge­richts­ur­teil, dass es in der Pra­xis kaum mehr mög­lich sein, Fa­mi­li­en zu­rück­zu­füh­ren, die nicht frei­wil­lig aus­rei­sen.»

Bund und Kan­to­ne sind für Pro­ble­ma­tik der Un­ter­brin­gung ge­for­dert
Für die Kan­to­ne er­öff­nen sich durch das Ur­teil auch wei­te­re fi­nan­zi­el­le Ri­si­ken. Seit der letz­ten Asyl­ge­setz­re­vi­si­on müs­sen die Kan­to­ne sämt­li­che an­fal­len­den Kos­ten über­neh­men und der Bund streicht seine Sub­ven­tio­nen, wenn eine Weg­wei­sung nicht recht­zei­tig voll­zo­gen wird.

Zu be­grüs­sen ist, dass das Bun­des­ge­richt die Her­aus­for­de­run­gen, die sich mit der Un­ter­brin­gung von Fa­mi­li­en in ver­gleich­ba­ren Fäl­len in der Schweiz stel­len, in den Fokus rückt. Es exis­tie­ren in der Schweiz keine fa­mi­li­en­ge­rech­ten Un­ter­brin­gungs­mög­lich­kei­ten für den Fall einer Ad­mi­nis­tra­tiv­haft, die es er­lau­ben, dass die Fa­mi­li­en­mit­glie­der zu­sam­men­blei­ben.

Die Si­cher­heits­di­rek­ti­on hat die Pro­ble­ma­tik der feh­len­den Räum­lich­kei­ten für aus­rei­se­pflich­ti­ge Fa­mi­li­en er­kannt. Re­gie­rungs­rat Beat Vil­li­ger hat be­reits im Früh­jahr den po­li­ti­schen Pro­zess dazu an­ge­stos­sen und die The­ma­tik in die Kon­fe­renz der Kan­to­na­len Justiz-​ und Po­li­zei­di­rek­to­rin­nen und -​direktoren KKJPD sowie in die Gre­mi­en des Straf­voll­zugs­kon­kor­dats Nordwest-​Innerschweiz ein­ge­bracht. Auch die Na­tio­na­le Kom­mis­si­on zur Ver­hü­tung von Fol­ter (NKVF) hat dies an­läss­lich eines Ge­sprächs mit der Si­cher­heits­di­rek­ti­on im Fe­bru­ar 2017 an­er­kannt und auf­ge­nom­men. Das vor­lie­gen­de Ur­teil des Bun­des­ge­richts ver­leiht der Pro­ble­ma­tik hohe Prio­ri­tät und Dring­lich­keit.

Ge­for­dert ist auch der Bund, die mit dem Voll­zug be­auf­trag­ten Kan­to­ne dabei zu un­ter­stüt­zen, die ge­for­der­ten fa­mi­li­en­ge­rech­ten Un­ter­brin­gungs­mög­lich­kei­ten zu schaf­fen. Eben­falls ist der Pro­ble­ma­tik bei der Pla­nung und dem Bau der neuen Bun­des­asyl­zen­tren be­son­de­re Auf­merk­sam­keit zu schen­ken.

Me­di­en­mit­tei­lung SD zu Ur­teil BGer

Me­di­en­mit­tei­lung SD zu Ur­teil BGer
Typ Titel
MM SD BGUrteil afgh Familie.doc
MM SD BGUrteil afgh Familie.pdf

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