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Per­so­nal­recht

Bür­ger­recht

Art. 2 Abs. 2 eidg. BüV, § 5 Abs. 2 kant. BüG

Re­ges­te:

Fra­gen mit der fast aus­schliess­li­chen Fo­kus­sie­rung auf die Le­bens­um­stän­de in der Wohn­ge­mein­de ge­nü­gen nicht zur Be­ur­tei­lung, ob die Be­wer­ben­den mit den schwei­ze­ri­schen, kan­to­na­len und ört­li­chen Le­bens­ge­wohn­hei­ten ver­traut sind, die mit dem  Bür­ger­recht ver­bun­de­nen Rech­te und Pflich­ten ken­nen und be­ach­ten wol­len, ge­nü­gend Sprach­kennt­nis­se zur Ver­stän­di­gung mit Be­hör­den und Mit­bür­gern be­sit­zen sowie ge­ord­ne­te per­sön­li­che, fa­mi­liä­re und fi­nan­zi­el­le Ver­hält­nis­se nach­wei­sen kön­nen (§ 5 Abs. 2 kant. BüG). Für die Be­ur­tei­lung der In­te­gra­ti­on ist jede Art der ak­ti­ven Be­tei­li­gung am ge­sell­schaft­li­chen Leben in der Ge­mein­de oder in der Re­gi­on mass­ge­bend.

Wer­den beim Ein­bür­ge­rungs­ge­spräch Fra­gen ge­stellt, deren Ant­wor­ten nicht als all­ge­mein be­kannt gel­ten und auf wel­che sich die  Be­wer­ben­den ge­zielt hät­ten vor­be­rei­ten kön­nen bzw. müs­sen, ohne das Hilfs­mit­tel be­kannt ge­ge­ben wer­den oder die Mög­lich­keit zur Teil­nah­me an ent­spre­chen­den Kur­sen ge­bo­ten wird, liegt eine Ver­let­zung von Art. 2 Abs. 2 eidg. BüV vor.

Aus dem Sach­ver­halt:

A.E. (Jg. 2005) ist deut­sche Staats­an­ge­hö­ri­ge und in der Schweiz ge­bo­ren. Sie lebt seit ihrer Ge­burt mit ihren El­tern und ihren zwei Ge­schwis­tern in Z. Ihre El­tern und Ge­schwis­ter sind eben­falls deut­sche Staats­an­ge­hö­ri­ge. A.E. be­sucht die In­ter­na­tio­nal School in Y. Sie ver­fügt über die Nie­der­las­sungs­be­wil­li­gung C.

Am 17. Juli 2018 reich­te A.E. beim Zivilstands-​ und Bür­ger­rechts­dienst des Kan­tons Zug ein Ge­such um Er­tei­lung der eid­ge­nös­si­schen Ein­bür­ge­rungs­be­wil­li­gung ein. So­wohl der vom Zivilstands-​ und Bür­ger­rechts­dienst bei der Zuger Po­li­zei ein­ge­hol­te Be­richt sowie die Ab­klä­run­gen beim Amt für Mi­gra­ti­on er­ga­ben kei­nen An­lass zu Be­an­stan­dun­gen. Am 6. Au­gust 2018 stell­te der Zivilstands-​ und Bür­ger­rechts­dienst das Ge­such der Bür­ger­ge­mein­de Z zur Prü­fung der Ein­bür­ge­rungs­vor­aus­set­zun­gen und ge­ge­be­nen­falls zur Er­tei­lung der Zu­si­che­rung des Ge­mein­de­bür­ger­rechts zu.

Die Bür­ger­ge­mein­de Z führ­te am 24. Ok­to­ber 2018 das Ein­bür­ge­rungs­ge­spräch mit A.E. durch. Das Ge­spräch wurde auf­ge­zeich­net. Die Bür­ger­ge­mein­de Z war auf­grund des Ge­sprächs nicht über­zeugt, dass A.E. die Ein­bür­ge­rungs­vor­aus­set­zun­gen er­füllt, wes­halb sie A.E. mit Schrei­ben vom 26. Ok­to­ber 2018 zu einem schrift­li­chen Test ein­lud. Mit Schrei­ben vom 4. No­vem­ber 2018 äus­ser­te sich der Vater von A.E. dazu. Am 6. No­vem­ber 2018 fand der schrift­li­che Ein­bür­ge­rungs­test statt. Ge­stützt auf diese Ab­klä­run­gen kam die Bür­ger­ge­mein­de zum Schluss, A.E. er­fül­le die Ein­bür­ge­rungs­vor­aus­set­zun­gen wegen un­ge­nü­gen­der In­te­gra­ti­on nicht. Sie teil­te dies A.E. mit Schrei­ben vom 30. No­vem­ber 2018 mit und ge­währ­te ihr eine Frist zur Stel­lung­nah­me. Am 20. De­zem­ber 2018 äus­ser­te sich diese zur ge­plan­ten Ab­leh­nung des Ein­bür­ge­rungs­ge­suchs. Sie teil­te mit, dass sie damit nicht ein­ver­stan­den sei und eine an­fecht­ba­re Ver­fü­gung wün­sche. Mit Ver­fü­gung vom 10. Ja­nu­ar 2019 lehn­te die Bür­ger­ge­mein­de das Ein­bür­ge­rungs­ge­such von A.E. ab. Sie mach­te ins­be­son­de­re gel­tend, ihr All­ge­mein­wis­sen über die Ge­mein­de Z sei un­ge­nü­gend. So habe sie beim Ein­bür­ge­rungs­ge­spräch die Namen der vier Stras­sen nicht ge­kannt, wel­che zum Dorf­krei­sel füh­ren. Auch im schrift­li­chen Ein­bür­ge­rungs­test habe sie nur drei von vier ver­lang­ten Stras­sen­na­men nen­nen kön­nen und die Namen der zwei Schul­häu­ser in Z nicht ge­kannt. Zudem sei das «F.» für sie kein Be­griff ge­we­sen und sie habe nicht ge­wusst, dass sich im Wald der Ge­mein­de Z ein Wei­her be­fin­de. Auf die Frage, was sie von Z wisse, habe sie im Ge­spräch er­klärt, dass sie in Z wohne, je­doch nichts von Z kenne. Ge­mäss Aus­füh­run­gen der Bür­ger­ge­mein­de sei auch nicht er­sicht­lich, dass sie – aus­ser viel­leicht im un­mit­tel­ba­ren Wohn­um­feld – Kon­takt zur Be­völ­ke­rung in Z pfle­ge. Sie sei zwar im Ten­nis­club, spie­le je­doch mehr­heit­lich nur mit ihren El­tern. Sie kenne aus dem Ten­nis­club nur einen D., mit dem sie frü­her ge­spielt habe. Die Frage nach wei­te­ren Ver­ei­nen, in denen sie nicht be­reits Mit­glied sei, sei un­ge­nü­gend be­ant­wor­tet wor­den. Bei den geo­gra­fi­schen Fra­gen habe sie zwar vier Seen be­nen­nen, diese je­doch nicht rich­tig auf der Karte ein­zeich­nen kön­nen. Zudem schei­ne sich ihr so­zia­les Netz­werk auf die Schü­ler der In­ter­na­tio­nal School sowie das Um­feld der Tanz­schu­le im Kan­ton Zü­rich zu be­schrän­ken. Die Bür­ger­ge­mein­de hielt ab­schlies­send fest, eine aus­rei­chen­de In­te­gra­ti­on in die Ge­mein­de sei nicht er­sicht­lich.

Mit Ver­wal­tungs­be­schwer­de vom 5. Fe­bru­ar 2019 (Post­ein­gang 12. Fe­bru­ar 2019) be­an­trag­te A.E., ver­tre­ten durch ihren Vater (nach­fol­gend «Be­schwer­de­füh­re­rin») sinn­ge­mäss die Auf­he­bung der Ver­fü­gung der Bür­ger­ge­mein­de Z (nach­fol­gend «Be­schwer­de­geg­ne­rin») vom 10. Ja­nu­ar 2019. Die Be­schwer­de­füh­re­rin be­strei­tet ihre un­ge­nü­gen­de In­te­gra­ti­on. Sie weist dar­auf­hin, dass sie als Fa­mi­lie seit 2004 in Z leb­ten und eine sehr ak­ti­ve Fa­mi­lie seien. Sie seien eine ty­pi­sche Fa­mi­lie aus dem Kan­ton Zug, wie es sie hier hun­dert­fach gäbe. Die Be­schwer­de­füh­re­rin be­ton­te, sie be­trei­be als Leis­tungs­sport­le­rin Tan­zen und sei täg­lich im Trai­ning in der Re­gi­on Zü­rich. Es sei daher zwar rich­tig, dass sie kei­nen gros­sen Freun­des­kreis in Z habe, da sie die­sen haupt­säch­lich im Tanzsport-​Umfeld pfle­ge. Al­ler­dings habe sie in Z Cello ge­spielt, im Ten­nis­club Z Ten­nis ge­spielt und bei Frau A. Tan­zen ge­lernt. Zu­guns­ten ihres Leis­tungs­sports habe sie diese Ak­ti­vi­tä­ten be­en­det bzw. zu­rück­ge­fah­ren.

(…)

Aus den Er­wä­gun­gen:

I.
(…)

II.
1.
1.1 Bei der or­dent­li­chen Ein­bür­ge­rung si­chern die kan­to­na­len Ein­bür­ge­rungs­be­hör­den das Bür­ger­recht zu­erst zu, bevor sie das Ge­such an­schlies­send zur Er­tei­lung der Einbürgerungs-​bewilligung des Bun­des an das Bun­des­amt für Mi­gra­ti­on wei­ter­lei­ten (Art. 13 Abs. 2 und 3 des Bun­des­ge­set­zes über das Schwei­zer Bür­ger­recht vom 20. Juni 2014 [Bür­ger­rechts­ge­setz, eidg. BüG; SR 141.0]). Nach Vor­lie­gen der Ein­bür­ge­rungs­be­wil­li­gung des Bun­des trifft die kan­to­na­le Ein­bür­ge­rungs­be­hör­de den Ein­bür­ge­rungs­ent­scheid (Art. 14 Abs. 1 eidg. BüG). Mit Ein­tritt der Rechts­kraft des kan­to­na­len Ein­bür­ge­rungs­ent­scheids wird das Gemeinde-​ und Kan­tons­bür­ger­recht sowie das Schwei­zer Bür­ger­recht er­wor­ben (Art. 14 Abs. 3 eidg. BüG).

1.2 Das Ver­fah­ren im Kan­ton und in der Ge­mein­de wird durch das kan­to­na­le Recht ge­re­gelt (Art. 15 Abs. 1 eidg. BüG). Im Kan­ton Zug wird das Ver­fah­ren um Er­tei­lung des Gemeinde-​ und des Kan­tons­bür­ger­rechts sowie des Schwei­ze­ri­schen Bür­ger­rechts bei der Di­rek­ti­on des In­nern ein­ge­lei­tet. Diese klärt die kan­to­na­len und eid­ge­nös­si­schen Ein­bür­ge­rungs­vor­aus­set­zun­gen ab. Stellt sie keine Hin­der­nis­se für eine Ein­bür­ge­rung fest, lei­tet sie das Ge­such an den zu­stän­di­gen Bür­ger­rat wei­ter (vgl. § 2 der Über­gangs­ver­ord­nung zum re­vi­dier­ten Bun­des­ge­setz über das Schwei­zer Bür­ger­recht vom 7. No­vem­ber 2017 [ÜVBüG; BGS 121.32]). Der Bür­ger­rat prüft die Vor­aus­set­zun­gen für die Er­tei­lung des Ge­mein­de­bür­ger­rechts. Sind die Vor­aus­set­zun­gen er­füllt, si­chert der Bür­ger­rat das Ge­mein­de­bür­ger­recht zu (vgl. § 3 ÜVBüG). An­schlies­send führt die Di­rek­ti­on des In­nern ein all­fäl­li­ges staats­bür­ger­li­ches Ge­spräch durch und si­chert das Kan­tons­bür­ger­recht zu, falls die Vor­aus­set­zun­gen nach wie vor er­füllt sind (§ 4 Abs. 1 ÜVBüG).

1.3 Der Bund er­teilt die Ein­bür­ge­rungs­be­wil­li­gung nur, wenn die Be­wer­ben­den bei der Ge-​suchstellung eine Nie­der­las­sungs­be­wil­li­gung be­sit­zen und einen Auf­ent­halt von ins­ge­samt zehn Jah­ren in der Schweiz nach­wei­sen, wovon drei in den letz­ten fünf Jah­ren vor Ein­rei­chung des Ge­suchs (Art. 9 Abs. 1 eidg. BüG). In ma­te­ri­el­ler Hin­sicht setzt der Bund vor­aus, dass die Be­wer­ben­den er­folg­reich in­te­griert, mit den schwei­ze­ri­schen Le­bens­ver­hält­nis­sen ver­traut sind und keine Ge­fähr­dung der in­ne­ren oder äus­se­ren Si­cher­heit der Schweiz dar­stel­len (Art. 11 eidg. BüG).

2. Zwi­schen den Par­tei­en ist strei­tig, ob die Be­schwer­de­füh­re­rin die An­for­de­run­gen an eine ge­nü­gen­de In­te­gra­ti­on als Vor­aus­set­zung für eine Ein­bür­ge­rung er­füllt oder nicht.

2.1 Das kan­to­na­le Bür­ger­rechts­ge­setz setzt für die Er­tei­lung des Gemeinde-​ und Kantons-​bürgerrechts vor­aus, dass die Be­wer­ben­den auf­grund ihrer per­sön­li­chen Ver­hält­nis­se hier­zu ge­eig­net sind (§ 5 Abs. 1 des kan­to­na­len Ge­set­zes be­tref­fend Er­werb und Ver­lust des Gemeinde-​ und des Kan­tons­bür­ger­rechts vom 3. Sep­tem­ber 1992 [Bür­ger­rechts­ge­setz, kant. BüG; BGS 121.3]). Ins­be­son­de­re ist zu prü­fen, ob die Be­wer­ben­den mit den schwei­ze­ri­schen, kan­to­na­len und ört­li­chen Le­bens­ge­wohn­hei­ten ver­traut sind, die mit dem Bür­ger­recht ver­bun­de­nen Rech­te und Pflich­ten ken­nen und be­ach­ten wol­len, ge­nü­gend Sprach­kennt­nis­se zur Ver­stän­di­gung mit Be­hör­den und Mit­bür­gern be­sit­zen sowie ge­ord­ne­te per­sön­li­che, fa­mi­liä­re und fi­nan­zi­el­le Ver­hält­nis­se nach­wei­sen kön­nen (§ 5 Abs. 2 kant. BüG).

2.2
2.2.1 Zur Prü­fung der Ein­bür­ge­rungs­kri­te­ri­en führ­te die Be­schwer­de­geg­ne­rin mit der Be-​schwerdeführerin ein Ein­bür­ge­rungs­ge­spräch durch. Ge­mäss dem Pro­to­koll des Einbürge-​rungsgesprächs vom 24. Ok­to­ber 2018 wurde ein­lei­tend der Be­weg­grund für das Einbürge-​rungsgesuch der Be­schwer­de­füh­re­rin the­ma­ti­siert, an­schlies­send wurde ihr Le­bens­lauf be­spro­chen. Es folg­ten Fra­gen zu ihren Sprach­fä­hig­kei­ten, ihren Hob­bys und ihrem Um­feld. Die Be­schwer­de­geg­ne­rin stell­te der Be­schwer­de­füh­re­rin so­dann Fra­gen zur Ge­mein­de Z. So woll­te sie wis­sen, ob sie den Krei­sel im Zen­trum von Z und die vier Stras­sen, die zum Krei­sel führ­ten, kenne. Des Wei­te­ren woll­te sie den Namen der Stras­se vor dem Ge­mein­de­zen­trum F. wis­sen und frag­te, was sich im Haus vis-​a-vis des Ge­bäu­des, in wel­chem sie sich ge­ra­de auf­hal­te, be­fän­de oder was sich kürz­lich im Ten­nis­club ver­än­dert habe. Die Be­schwer­de­geg­ne­rin er­kun­dig­te sich nach dem An­lass letz­tes Wo­chen­en­de im Dorf und woll­te wis­sen, was vor drei Wo­chen im Kan­ton Zug und auf Ge­mein­de­ebe­ne statt­ge­fun­den habe. Zudem frag­te sie die Be­schwer­de­füh­re­rin nach dem Auf­bau der Schweiz.

2.2.2 Vorab sei dar­auf hin­zu­wei­sen, dass für ge­nü­gen­de Sprach­kennt­nis­se kein Schwei­zer­deutsch vor­aus­ge­setzt wird. Ob das Deutsch der Be­schwer­de­füh­re­rin einen englisch-​amerika¬ni­schen Ak­zent auf­weist, wie die Be­schwer­de­geg­ne­rin am Ge­spräch be­merkt, ist daher nicht von Be­lang. Ge­ne­rell sind bei sol­chen Ge­sprä­chen ne­ga­ti­ve Kom­men­tie­run­gen von Ant­wor­ten der Be­wer­be­rin resp. des Be­wer­bers zu un­ter­las­sen. Im Üb­ri­gen sind die von der Be­schwer­de­geg­ne­rin ge­stell­ten Fra­gen grund­sätz­lich ge­eig­net, um die Ver­traut­heit einer ein­bür­ge­rungs­wil­li­gen Per­son mit dem Ort, in dem sie lebt, zu er­fra­gen. Auch han­delt es sich um Fra­gen, mit denen üb­li­cher­wei­se ge­rech­net wer­den muss und die daher kei­ner be­son­de­ren Vor­be­rei­tung be­dür­fen. Al­ler­dings ge­nü­gen diese Fra­gen mit der Fo­kus­sie­rung auf die Le­bens­um­stän­de in der Wohn­ge­mein­de nicht zur Be­ur­tei­lung, ob die Be­wer­ben­den mit den schwei­ze­ri­schen, kan­to­na­len und ört­li­chen Le­bens­ge­wohn­hei­ten ver­traut sind, die mit dem Bür­ger­recht ver­bun­de­nen Rech­te und Pflich­ten ken­nen und be­ach­ten wol­len, ge­nü­gend Sprach­kennt­nis­se zur Ver­stän­di­gung mit Be­hör­den und Mit­bür­gern be­sit­zen sowie ge­ord­ne­te per­sön­li­che, fa­mi­liä­re und fi­nan­zi­el­le Ver­hält­nis­se nach­wei­sen kön­nen (§ 5 Abs. 2 kant. BüG). Fra­gen an eine 13-​Jährige nach Stras­sen­na­men sind nur be­dingt aus­sa­ge­kräf­tig be­tref­fend ihre In­te­gra­ti­on. Zudem ist die Be­ur­tei­lung der In­te­gra­ti­on nicht nur auf die Ein­woh­ner­ge­mein­de zu be­schrän­ken. Ge­mäss bun­des­ge­richt­li­cher Recht­spre­chung ist für die Be­ur­tei­lung der In­te­gra­ti­on jede Art der ak­ti­ven Be­tei­li­gung am ge­sell­schaft­li­chen Leben in der Ge­mein­de oder in der Re­gi­on mass­ge­bend (BGer-​Urteil 1D_6/2017 vom 12. Fe­bru­ar 2018, E. 3.4).

Das münd­li­che Ge­spräch al­lein ge­nügt im vor­lie­gen­den Fall daher noch nicht, um die In­te­gra­ti­on im Sinne des Ge­set­zes hin­rei­chend fest­stel­len zu kön­nen. Ob eine ge­nü­gen­de In­te­gra­ti­on durch die Be­schwer­de­geg­ne­rin ab­ge­klärt wor­den ist, kann daher erst auf­grund einer Ge­samt­sicht auf das münd­li­che Ge­spräch, den an­schlies­sen­den schrift­li­chen Test sowie den wei­ter vor­lie­gen­den Un-​terlagen fest­ge­stellt wer­den.

2.3
2.3.1 Um die In­te­gra­ti­on der Be­schwer­de­füh­re­rin um­fas­send be­ur­tei­len zu kön­nen, lud die Be-​schwerdegegnerin die Be­schwer­de­füh­re­rin zu einem Ein­bür­ge­rungs­test ein. Im Ein­la­dungs­schrei­ben vom 26. Ok­to­ber 2018 teil­te sie der Be­schwer­de­füh­re­rin mit, sie habe auf­grund des Ein­bür­ge­rungs­ge­sprächs den Ein­druck er­hal­ten, sie sei mit den schwei­ze­ri­schen, kan­to­na­len und ört­li­chen Le­bens­ge­wohn­hei­ten, die ge­mäss § 5 kant. BüG vor­aus­ge­setzt wer­den, nicht ge­nü­gend ver­traut. Eben­falls schie­nen die geo­gra­fi­schen und ge­schicht­li­chen Kennt­nis­se nur un­ge­nü­gend vor­han­den zu sein. Aus die­sem Grund wolle sie der Be­schwer­de­füh­re­rin die Chan­ce geben, an­hand eines schrift­li­chen Tes­tes zu zei­gen, dass sie die Ein­bür­ge­rungs­vor­aus­set­zun­gen ge­mäss § 5 kant. BüG er­fül­le. Die Be­schwer­de­geg­ne­rin wies dar­auf hin, dass der Ein­bür­ge­rungs­test 45 Mi­nu­ten dau­ern werde.

2.3.2 Nach Art. 2 Abs. 2 Bür­ger­rechts­ver­ord­nung des Bun­des vom 17. Juni 2016 (eidg. BüV; SR 141.01) kann die zu­stän­di­ge kan­to­na­le Be­hör­de die Be­wer­be­rin oder den Be­wer­ber zu einem Test über Grund­kennt­nis­se der geo­gra­fi­schen, his­to­ri­schen, po­li­ti­schen und ge­sell­schaft­li­chen Ver­hält­nis­se in der Schweiz ver­pflich­ten. In die­sem Fall stellt sie si­cher, dass die Be­wer­be­rin oder der Be­wer­ber sich mit Hilfe von ge­eig­ne­ten Hilfs­mit­teln oder Kur­sen auf den Test vor­be­rei­ten kann, und sie oder er einen sol­chen Test be­stehen kann mit den für die Ein­bür­ge­rung er­for­der­li­chen münd­li­chen und schrift­li­chen Sprach­kom­pe­ten­zen.

2.3.3 In Bezug auf das Ein­la­dungs­schrei­ben ist vorab fest­zu­hal­ten, dass die Be­schwer­de­geg­ne­rin der Be­schwer­de­füh­re­rin beim Ein­bür­ge­rungs­ge­spräch ge­ra­de keine über Z hin­aus­ge­hen­de geo­gra­fi­schen Fra­gen stell­te, son­dern sich in Bezug auf die Le­bens­ge­wohn­hei­ten der Be-​schwerdeführerin vor­wie­gend auf Z bezog. Auch er­frag­te sie kein ge­schicht­li­ches Wis­sen, son­dern stell­te le­dig­lich fest, dass die Be­schwer­de­füh­re­rin an der In­ter­na­tio­nal School keine Schwei­zer­ge­schich­te be­han­delt habe. Dem­nach ist die For­mu­lie­rung im Ein­la­dungs­schrei­ben un­zu­tref­fend. Zudem ob­liegt die Prü­fung der Staats­kun­de und der Ge­schich­te ge­mäss der Auf-​gabenteilung zwi­schen der Di­rek­ti­on des In­nern und den Bür­ger­ge­mein­den grund­sätz­lich der Di­rek­ti­on des In­nern (vgl. Schrei­ben der Di­rek­ti­on des In­nern vom 21. Juni 2013). Nicht­desto­trotz ist die Durch­füh­rung eines schrift­li­chen Tes­tes durch die Be­schwer­de­geg­ne­rin als Er­gän­zung zum Ein­bür­ge­rungs­ge­spräch vor­lie­gend nicht zu be­an­stan­den und dient der um­fas­sen­den Ab­klä­rung der Ein­bür­ge­rungs­vor­aus­set­zun­gen. Durch einen schrift­li­chen Ein­bür­ge­rungs­test kann dem Um­stand Rech­nung ge­tra­gen wer­den, dass ein Ein­bür­ge­rungs­ge­spräch vor meh­re­ren er­wach­se­nen Per­so­nen und in einer prü­fungs­ähn­li­chen Si­tua­ti­on mög­li­cher­wei­se für eine 13-​jährige Per­son eine be­son­de­re Her­aus­for­de­rung dar­stel­len kann. Die Be­schwer­de­geg­ne­rin hat der in­stru­ie­ren­den Di­rek­ti­on zudem auf Nach­fra­ge hin mit­ge­teilt, dass sie den schrift­li­chen Test extra für die Be­schwer­de­füh­re­rin um­ge­schrie­ben und auf «Schü­ler­ni­veau» an­ge­passt habe. Damit wurde der Test al­ters­ge­recht aus­ge­stal­tet.

All­ge­mein ist dar­auf hin­zu­wei­sen, dass es sich bei schrift­li­chen Ein­bür­ge­rungs­tests um eine stan­dar­di­sier­te Me­tho­de han­delt, um das Wis­sen der ge­such­stel­len­den Per­so­nen in Er­fah­rung zu er­brin­gen. Dabei ist es wich­tig, dass alle Per­so­nen – bei Kin­dern na­tür­lich ent­spre­chend dem Alter – gleich be­han­delt wer­den und nicht in­di­vi­du­el­le Prü­fun­gen er­stellt wer­den.

2.3.4 Die Be­schwer­de­füh­re­rin er­ziel­te ge­mäss Ver­merk auf dem Ein­bür­ge­rungs­test 13.5 Punk­te. Der Test um­fass­te 30 Fra­gen und setz­te sich aus of­fe­nen Fra­gen, Mul­ti­ple Choice Fra­gen und Auf­zäh­lungs­fra­gen zu­sam­men. Auf Nach­fra­ge der ver­fah­rens­lei­ten­den Di­rek­ti­on teil­te die Be­schwer­de­geg­ne­rin mit, beim Test für Kin­der könn­ten ma­xi­mal 30 Punk­te er­reicht wer­den und pro Frage gäbe es einen Punkt oder bei nur teil­wei­se rich­ti­gen Ant­wor­ten einen hal­ben Punkt. Der Test gelte als be­stan­den, wenn 18 Punk­te er­reicht wer­den. Ge­mäss Aus­füh­run­gen der Be-​schwerdegegnerin gibt es beim Test für Kin­der – im Ge­gen­satz zum Test für Er­wach­se­ne – kein Lö­sungs­blatt. Die Fra­gen seien teil­wei­se offen for­mu­liert und lies­sen eine Viel­zahl an kon­kre­ten Ant­wor­ten zu.

Im Ein­bür­ge­rungs­test stell­te die Be­schwer­de­geg­ne­rin haupt­säch­lich Fra­gen zu Lo­ka­lem und zur Geo­gra­fie. Da­ne­ben er­frag­te sie ge­schicht­li­ches Wis­sen und Staats­kun­de. Im Ge­gen­satz zu den Fra­gen beim Ein­bür­ge­rungs­ge­spräch han­del­te es sich bei die­sen Fra­gen – mit Aus­nah­men ge­wis­ser re­gio­na­ler Fra­gen – nicht um sol­che, wel­che als all­ge­mein be­kannt gel­ten bzw. wel­che eine 13-​Jährige ohne Vor­be­rei­tung weiss. Viel­mehr han­del­te es sich um Fra­gen, auf wel­che sich die Be­schwer­de­füh­re­rin ge­zielt hätte vor­be­rei­ten kön­nen bzw. müs­sen. So kann bei­spiels­wei­se nicht er­war­tet wer­den, dass sie ohne wei­te­res zu Schwei­zer Schlach­ten Aus­kunft geben oder Pässe und die ver­bin­den­den Kan­to­ne nen­nen kann.

Zwar war der Be­schwer­de­füh­re­rin auf­grund des Ein­la­dungs­schrei­bens bzw. der münd­li­chen Aus­füh­run­gen am Ein­bür­ge­rungs­ge­spräch be­kannt, dass die Be­schwer­de­geg­ne­rin beim Ein­bür­ge­rungs­test Fra­gen zu Lo­ka­lem, zu Geo­gra­fi­schem und zu Ge­schicht­li­chem stel­len würde. Al­ler­dings konn­te die Be­schwer­de­füh­re­rin nicht wis­sen, in wel­chem Rah­men und ins­be­son­de­re in wel­cher Tiefe sich diese Fra­gen be­we­gen wür­den.

2.3.5 Im vor­lie­gen­den Fall wur­den der Be­schwer­de­füh­re­rin keine Hilfs­mit­tel be­kannt­ge­ge­ben und es wurde ihr auch nicht die Mög­lich­keit ge­bo­ten, an einem ent­spre­chen­den Kurs teil­zu­neh­men. Damit ent­sprach das Vor­ge­hen der Be­schwer­de­geg­ne­rin in for­ma­ler Hin­sicht nicht den bun­des­recht­li­chen Vor­ga­ben nach Art. 2 Abs. 2 eidg. BüV.

3. Zu­sam­men­fas­send kann fest­ge­hal­ten wer­den, dass der an­ge­foch­te­ne Ent­scheid die for­mel­len An­for­de­run­gen von Art. 2 Abs. 2 eidg. BüV ver­letzt. Ent­spre­chend ist die Ver­wal­tungs­be­schwer­de gut­zu­heis­sen und die Ver­fü­gung der Be­schwer­de­geg­ne­rin vom 10. Ja­nu­ar 2019 auf­zu­he­ben und zur Neu­be­ur­tei­lung zu­rück­zu­wei­sen.

III.
(…)

Ent­scheid des Re­gie­rungs­ra­tes vom 22. Ok­to­ber 2019

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