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Aus­ge­stal­tung der Preis­kur­ve

Re­ges­te:

Art. 11 lit. a und Art. 13 lit. f IVöB, § 12 lit. m SubV – Eine Preis­span­ne von 200 % ist grund­sätz­lich als un­zu­läs­sig zu be­zeich­nen. Sie ge­währ­leis­tet im vor­lie­gen­den Fall nicht, dass der Preis das vor­ge­se­he­ne Ge­wicht von 50 % er­hält (E. 3).

Aus dem Sach­ver­halt:

Im Herbst 2019 schrieb die Ein­woh­ner­ge­mein­de Baar die Ar­beits­gat­tung BKP 293 Elek­tro­in­ge­nieur im Zu­sam­men­hang mit der Er­wei­te­rung der Schu­le Stern­matt 1, Baar, in einem of­fe­nen Ver­fah­ren zur Ver­ga­be aus. Ge­mäss dem Of­fert­öff­nungs­pro­to­koll gin­gen ins­ge­samt 19 An­ge­bo­te ein. Das preis­lich güns­tigs­te An­ge­bot war mit Fr. 236'509.20 inkl. MWST jenes der A. GmbH. Der höchs­te an­ge­bo­te­ne Preis be­trug Fr. 548'462.– inkl. MWST. Mit Ver­fü­gung vom 24. März 2020 er­teil­te der Ge­mein­de­rat Baar der B. AG den Zu­schlag zum Preis von Fr. 289'166.– inkl. MWST (Rang 6 be­züg­lich Preis). Die B. AG hatte von ma­xi­mal 100 Punk­ten total 83,3 Punk­te er­hal­ten, die A. GmbH 81,2 Punk­te, womit letz­te­re auf dem zwei­ten Platz lan­de­te.

Gegen diese Ver­fü­gung reich­te die A. GmbH am 2. April 2020 Ver­wal­tungs­ge­richts­be­schwer­de ein und ver­lang­te u.a. den Ein­satz einer pra­xis­üb­li­chen Wer­tungs­ska­la beim Kri­te­ri­um Preis für alle An­bie­ter.

Aus den Er­wä­gun­gen:

(…)

3. Strei­tig ist im vor­lie­gen­den Ver­fah­ren ins­be­son­de­re die Hand­ha­bung des Zu­schlags­kri­te­ri­ums Preis bzw. die Aus­ge­stal­tung der Preis­kur­ve. Es ist wohl davon aus­zu­ge­hen, dass die Be­schwer­de­füh­re­rin mit der von ihr gel­tend ge­mach­ten feh­len­den Trans­pa­renz meint, durch die vom Ge­mein­de­rat Baar vor­ge­nom­me­ne Um­rech­nung des Prei­ses in Punk­te habe ein in­trans­pa­ren­tes Ver­fah­ren statt­ge­fun­den, in wel­chem die Be­wer­ber nicht gleich­be­han­delt wor­den seien.

3.1 Der An­ge­bots­preis bil­de­te mit einer Ge­wich­tung von 50 % das Haupt­kri­te­ri­um für den Zu­schlag; die üb­ri­gen Kri­te­ri­en «Auf­trags­ana­ly­se» und «Schlüs­sel­per­son Pro­jekt­lei­ter Elek­tro­in­ge­nieur» wur­den mit 30 bzw. 20 % ge­wich­tet. Die Ver­ga­be­stel­le wen­de­te ein li­nea­res Preis­be­wer­tungs­mo­dell an, was grund­sätz­lich kor­rekt er­scheint (Clau­dia Schnei­der Heusi, Ver­ga­be­recht in a nuts­hell, 2. Aufl. 2018, S. 120 f.). Be­züg­lich der Punk­te­be­rech­nung des Ein­ga­be­prei­ses (Of­fert­sum­me) er­hielt das preis­lich güns­tigs­te An­ge­bot die ma­xi­ma­le Punkt­zahl und das Dop­pel­te der güns­tigs­ten Of­fer­te die halbe Punkt­zahl. Auf­grund der preis­lich güns­tigs­ten Ho­no­rarof­fer­te von Fr. 236'509.20 er­hielt die Be­schwer­de­füh­re­rin beim Zu­schlags­kri­te­ri­um Preis die volle und damit höchs­te Punkt­zahl von 50 Punk­ten zu­ge­spro­chen, wäh­rend die Zu­schlags­emp­fän­ge­rin ge­mäss der li­nea­ren Skala mit ihrem um Fr. 52'656.80 teu­re­ren, sechst­bes­ten An­ge­bot von Fr. 289'166.– 44 Punk­te er­hielt (und das teu­ers­te Preis­an­ge­bot in Höhe von Fr. 548'462.– noch 17 Punk­te).

3.2 Die kon­kre­te Aus­ge­stal­tung der Preis­kur­ve fällt in das (weite) Er­mes­sen der Ver­ga­be­be­hör­de (vgl. Ur­tei­le BGer 2P.111/2003 vom 21. Ja­nu­ar 2004 E. 3.3 und 2P.172/2002 vom 10. März 2003 E. 3.2). Zu be­ach­ten ist je­doch, dass, je nach­dem, wie hoch die Be­wer­tungs­ab­zü­ge für hö­he­re An­ge­bots­prei­se im Ver­hält­nis zum bil­ligs­ten er­fol­gen, das Zu­schlags­kri­te­ri­um «Preis» im Eva­lua­ti­ons­pro­zess eine grös­se­re oder klei­ne­re Rolle spielt, mit­hin die Ge­wich­tung des Prei­ses durch die Art, wie diese Ab­zü­ge vor­ge­nom­men wer­den, u.U. wie­der­um ver­än­dert wird (siehe dazu Galli/Moser/Lang/Stei­ner, a.a.O., Rz. 884). In die­sem Zu­sam­men­hang ist auf die fol­gen­den zu­tref­fen­den Er­wä­gun­gen des Kan­tons­ge­richts Basel-​Landschaft in sei­nem Ent­scheid BLKGE 2006 II Nr. 45 E. 7b und 7c hin­zu­wei­sen: «Wie eine Be­wer­tungs­ska­la hin­sicht­lich der An­ge­bots­prei­se fest­zu­le­gen ist, lässt sich nicht in all­ge­mei­ner Weise be­stim­men, son­dern hängt stark von den Um­stän­den des Ein­zel­fal­les ab. Im­mer­hin muss die in den Aus­schrei­bungs­un­ter­la­gen be­kannt ge­ge­be­ne Ge­wich­tung des Zu­schlags­kri­te­ri­ums «Preis» in der Be­wer­tung der­art zum Aus­druck kom­men, dass das im Vor­aus be­kannt ge­ge­be­ne Ge­wicht tat­säch­lich zum Tra­gen kommt. Mit an­de­ren Wor­ten muss die für das Preis­kri­te­ri­um ge­wähl­te Band­brei­te der Be­wer­tung rea­lis­tisch sein. Die Ge­wich­tung des Preis­kri­te­ri­ums darf eine ge­wis­se Min­dest­gren­ze nicht un­ter­schrei­ten, wenn der Be­griff des wirt­schaft­lich güns­tigs­ten An­ge­bots nicht sei­nes Ge­halts ent­leert wer­den soll. Das Bun­des­ge­richt hat diese Un­ter­gren­ze in BGE 129 I 313 ff. bei 20 % fest­ge­legt. Diese Gren­ze gilt selbst bei einem kom­ple­xen Dienst­leis­tungs­ver­trag. Die Recht­spre­chung hat die Grund­sät­ze zur Be­wer­tung des Preis­kri­te­ri­ums da­hin­ge­hend kon­kre­ti­siert, dass die Be­wer­tung oder Be­no­tung des Preis­kri­te­ri­ums die tat­säch­lich in Frage kom­men­de Band­brei­te mög­li­cher Werte zu be­rück­sich­ti­gen hat (sog. «rea­lis­ti­sche Preis­kur­ve»; vgl. Ent­scheid des Ver­wal­tungs­ge­richts Zü­rich VB 2003.00469 vom 21. April 2004 E. 2.2 und 2.5). Die Band­brei­te für das Preis­kri­te­ri­um muss mit an­de­ren Wor­ten rea­lis­tisch sein (Beat Denz­ler, Be­wer­tung der An­ge­bots­prei­se, Bau­recht, Son­der­heft Ver­ga­be­recht 2004, S. 22). Das Bun­des­ge­richt hat hier­zu aus­ser­dem in BGE 129 I 313 ff. (Pra 2004 Nr. 64) aus­ge­führt, dass das wirk­li­che Ge­wicht des Preis­kri­te­ri­ums beim Zu­schlag nicht ab­ge­schwächt wer­den dürfe (Pra 2004 Nr. 64 E. 9.3). Im vom Bun­des­ge­richt zu be­ur­tei­len­den Fall er­hielt das teu­ers­te An­ge­bot im Ver­gleich zum bil­ligs­ten immer noch eine be­acht­li­che Punkt­zahl. An­ge­sichts der Tat­sa­che, dass das Preis­kri­te­ri­um in der Be­wer­tung nur mit 20 % ge­wich­tet wurde, be­wir­ke diese Ni­vel­lie­rung, so das Bun­des­ge­richt, dass es ge­gen­über an­de­ren Kri­te­ri­en noch wei­ter in den Hin­ter­grund rücke. Das Zu­sam­men­wir­ken zwi­schen der sehr tie­fen Ge­wich­tung (20 %) sowie der fla­chen Preis­kur­ve be­wir­ke ein un­an­nehm­ba­res Er­geb­nis (Pra 2004 Nr. 64 E. 9.3). In einem ähn­li­chen Sinn hat das Ver­wal­tungs­ge­richt Aar­gau ent­schie­den, dass die Ver­ga­be­be­hör­de der tat­säch­lich ent­stan­de­nen Preis­span­ne an­ge­mes­sen Rech­nung tra­gen müsse. Werde indes die Preis­kur­ve so flach ge­legt, dass beim Preis die Ver­ga­be von we­ni­ger als der Hälf­te der Punk­te nur theo­re­tisch in Be­tracht kom­men könne, so werde die Ge­wich­tung des Prei­ses im Ver­hält­nis zu den üb­ri­gen Kri­te­ri­en ge­gen­über der pu­bli­zier­ten Aus­schrei­bung ver­scho­ben, was zur Auf­he­bung des Zu­schlags füh­ren müsse (AGVE 2004 S. 232).» Das Kan­tons­ge­richt Basel-​Landschaft hielt im kon­kre­ten Fall fest, dass, nach­dem sich vor­lie­gend die Preis­of­fer­ten im Rah­men von ca. 45 % über der bil­ligs­ten Of­fer­te be­weg­ten, eine Preis­kur­ve, die erst bei 100 % über der bil­ligs­ten Of­fer­te 0 Punk­te er­ge­be, als Ver­let­zung des Trans­pa­renz­ge­bo­tes sowie des Grund­sat­zes, dass der Zu­schlag der wirt­schaft­lich güns­tigs­ten Of­fer­te zu er­tei­len sei, er­schei­ne. Zu be­ach­ten sei fer­ner, so das Kan­tons­ge­richt Basel-​Landschaft, dass das wirk­li­che Ge­wicht des Preis­kri­te­ri­ums, vor­lie­gend 30 %, nicht ab­ge­schwächt wer­den dürfe. Er­hal­te nun die teu­ers­te Of­fer­te immer noch mehr als die Hälf­te der Punk­te, vor­lie­gend 50 von mög­li­chen 90 Punk­ten für eine Of­fer­te von Fr. 11'877'194.– (preis­lich tiefs­te Of­fer­te: Fr. 8'254'979.–), und komme die an­de­re Hälf­te der Punk­te nur theo­re­tisch in Be­tracht, werde die Ge­wich­tung des Prei­ses ver­fälscht; sie be­tra­ge tat­säch­lich noch etwa 14 %, was ge­mäss der bun­des­ge­richt­li­chen Recht­spre­chung nicht mehr zu­läs­sig sei (BLKGE 2006 II Nr. 45 E. 7d und 7e).

3.3 Im Ur­teil 2P.111/2003 vom 21. Ja­nu­ar 2004 E. 3.3 (in die­sem Ver­fah­ren war das Ur­teil des Ver­wal­tungs­ge­richts Zug V 2002 22 vom 12. März 2003 an­ge­foch­ten wor­den) führ­te das Bun­des­ge­richt aus, es möge sich fra­gen, ob die ver­wen­de­te Punk­te­ska­la, bei wel­cher ein An­ge­bot, das ein­ein­halb Mal so teuer sei wie das bil­ligs­te [somit 50 % teu­rer als das bil­ligs­te], immer noch die Hälf­te der zu ver­tei­len­den Punk­te er­hal­te, zweck­mäs­sig sei. An­ge­sichts der Be­deu­tung, so das Bun­des­ge­richt, wel­che die Ver­ga­be­be­hör­de dem Preis als Zu­schlags­kri­te­ri­um mit einer Ge­wich­tung von 60 % an sich habe geben wol­len, wäre wohl eine stei­le­re Preis­kur­ve vor­zu­zie­hen ge­we­sen. In einer In­ge­nieur­sub­mis­si­on, in wel­cher der Preis mit 30 % ge­wich­tet wurde und die zu­ge­hö­ri­ge Preis­kur­ve so flach fest­ge­legt wurde, dass ein An­ge­bot erst dann auf die Mi­ni­mal­no­te kam, wenn des­sen Preis 200 % der preis­güns­tigs­ten Of­fer­te be­trug, hat das Bun­des­ge­richt die Un­zu­läs­sig­keit die­ses Preis­be­wer­tungs­sys­tems an­ge­nom­men. Es führ­te aus, eine Skala, bei wel­cher die Be­wer­tungs­ober­gren­ze beim Dop­pel­ten des bil­ligs­ten An­ge­bots liegt und die für ein um 50 % teu­re­res An­ge­bot immer noch die Hälf­te der ma­xi­ma­len Punkt­zahl vor­se­he, führe zu einer äus­serst flach ver­lau­fen­den Preis­kur­ve. Eine re­la­tiv ge­rin­ge Ge­wich­tung des Prei­ses, wel­che aus der Sicht des Bun­des­ge­richts an und für sich noch nicht zu be­an­stan­den wäre, werde dann un­zu­läs­sig, wenn sie durch die ver­wen­de­te Be­wer­tungs­ska­la wei­ter ab­ge­schwächt werde (und die Be­deu­tung des Prei­ses damit fak­tisch unter 20 % falle) (Ur­teil BGer 2P.230/2006 vom 5. März 2007 E. 4.2). Im Ur­teil 2C.412/2007 vom 4. De­zem­ber 2007 er­klär­te das Bun­des­ge­richt eine vom Ver­wal­tungs­ge­richt des Kan­tons Schwyz fest­ge­leg­te Preis­kur­ve, die in Be­rück­sich­ti­gung der kon­kre­ten An­ge­bo­te vor­sah, dass ein An­ge­bot, das 53 % teu­rer als das bil­ligs­te war, die Hälf­te der zu ver­tei­len­den Punk­te er­hielt, als nicht ver­fas­sungs­wid­rig. Der An­ge­bots­preis hatte mit einer Ge­wich­tung von 50 % das Haupt­kri­te­ri­um für den Zu­schlag ge­bil­det. Im Ur­teil 2C_979/2018 vom 22. Ja­nu­ar 2020 schütz­te das Bun­des­ge­richt einen Ent­scheid des Kan­tons­ge­richts Basel-​Landschaft. Die­ses hatte bei einer weit­ge­hend stan­dar­di­sier­ten Dienst­leis­tung mit tie­fem Komplexitäts-​ und Schwie­rig­keits­grad eine Preis­span­ne von 82 % als un­zu­läs­sig be­zeich­net. Das Kan­tons­ge­richt Basel-​Landschaft er­ach­te­te eine rea­lis­ti­sche Preis­kur­ve mit einem Null­punkt bei 30 % über dem tiefs­ten Preis als sach­ge­recht, ver­wen­de­te je­doch im Rah­men sei­ner Neu­be­wer­tung eine Preis­kur­ve mit einem Null­punkt bei 50 % über dem tiefs­ten Preis, um damit den Er­mes­sens­spiel­raum der Ver­ga­be­be­hör­de zu re­spek­tie­ren. Gleich­zei­tig be­zeich­ne­te das Kan­tons­ge­richt Basel-​Landschaft die von der Ver­ga­be­be­hör­de vor­ge­nom­me­ne Ge­wich­tung des Prei­ses mit 40 % als klar un­ter­halb der für der­ar­ti­ge Auf­trä­ge zu ver­wen­den­den Min­dest­gren­ze, kor­ri­gier­te die Un­ter­ge­wich­tung aber nicht mehr, weil die Aus­schrei­bung un­an­ge­foch­ten ge­blie­ben war.

3.4 Das Ver­wal­tungs­ge­richt des Kan­tons Zü­rich er­ach­te­te in sei­nem Ent­scheid VB. 2003.00188 vom 11. Sep­tem­ber 2003 eine Be­rech­nungs­wei­se, ge­mäss der ein An­ge­bot um 400 % teu­rer sein müss­te als das güns­tigs­te, um beim Kri­te­ri­um Preis das Mi­ni­mum von 0 Punk­ten zu er­hal­ten, für eine Be­schaf­fung der vor­lie­gen­den Art (Bau­meis­ter­ar­bei­ten am Neu­bau eines Klas­sen­trakts eines Schul­hau­ses; Ge­wich­tung des Prei­ses mit 65 %) als nicht ver­tret­bar und aus­ser­halb jedes be­gründ­ba­ren Er­mes­sens­spiel­raums der Ver­ga­be­be­hör­de. Im Ent­scheid VB.2003.00469 vom 21. April 2004 erwog das Ver­wal­tungs­ge­richt des Kan­tons Zü­rich, Er­geb­nis­se, ge­mäss denen ein An­ge­bot, das dop­pelt so teuer wie das güns­tigs­te wäre, noch immer 30 Punk­te, also die Hälf­te des Ma­xi­mal­werts, er­hiel­te und selbst ein fünf­mal so teu­res An­ge­bot (400 % über dem güns­tigs­ten) noch 12 Punk­te er­hiel­te, mach­ten of­fen­sicht­lich kei­nen Sinn und führ­ten nicht zu einer Be­wer­tung, wel­che die Ge­wich­tung des Kri­te­ri­ums zu­tref­fend wie­der­ge­be. Im kon­kre­ten Fall ging es um die Sa­nie­rung von Stras­sen und Werk­lei­tun­gen, und der Preis wurde mit 60 % ge­wich­tet. Im Ent­scheid VB.2005.00582 vom 5. Mai 2006 be­zeich­ne­te das Ver­wal­tungs­ge­richt des Kan­tons Zü­rich trotz der von der Ver­ga­be­be­hör­de glaub­haft ge­mach­ten er­heb­li­chen Kom­ple­xi­tät der Bau­auf­ga­be (Tras­see­bau­ar­bei­ten auf einer Na­tio­nal­stras­se) eine Preis­span­ne von 100 % als un­rea­lis­tisch. (Der An­ge­bots­preis hatte eine Ge­wich­tung von 80 %.) Das Ver­wal­tungs­ge­richt hielt je­doch aus­drück­lich fest, eine Preis­span­ne von 50 % wäre nicht zu be­an­stan­den ge­we­sen. In einem wei­te­ren Fall (Ent­scheid VB.2005.00227 vom 21. Sep­tem­ber 2005) stell­te das Ver­wal­tungs­ge­richt des Kan­tons Zü­rich fest, dass die von der Ver­ga­be­be­hör­de vor­ge­nom­me­ne Preis­be­wer­tung, wo­nach selbst ein An­ge­bot, das dop­pelt so teuer wäre wie das güns­tigs­te, immer noch 40 Punk­te, also die Hälf­te des Ma­xi­mal­werts, und ein drei­mal so teu­res (200 % über dem güns­tigs­ten) noch 27 Punk­te er­hiel­ten, nicht zu­läs­sig sei (Bau­meis­ter­ar­bei­ten am Neu­bau einer un­ter­ir­di­schen Tra­fo­sta­ti­on; Ge­wicht des Zu­schlags­kri­te­ri­ums Preis: 80 %). Bei einer Ver­ga­be der vor­lie­gen­den Art (an­spruchs­vol­le Ar­bei­ten), so das Ver­wal­tungs­ge­richt des Kan­tons Zü­rich, er­schei­ne eher eine Preis­span­ne von 40 bis 50 % als rea­lis­tisch, wobei auch eine sol­che von 60 % noch im Rah­men des der Be­hör­de zu­ste­hen­den Er­mes­sens lie­gen könne. Und schliess­lich be­zeich­ne­te das Ver­wal­tungs­ge­richt des Kan­tons Zü­rich im Ent­scheid VB.2009.00047 vom 26. Au­gust 2009 im kon­kre­ten Fall den Auf­trag, bei dem es um Tief­bau­ar­bei­ten im Zu­sam­men­hang mit der Sa­nie­rung und Um­ge­stal­tung einer Stras­se in­klu­si­ve Er­neue­rung von Ka­na­li­sa­ti­on und Werk­lei­tun­gen ging, als Stan­dard­auf­trag, bei dem Preis­span­nen von 30 bis 50 % üb­lich seien. Die An­nah­me einer Preis­span­ne von 70 % sei nicht ge­recht­fer­tigt. (Der An­ge­bots­preis hatte eine Ge­wich­tung von 70 %.)

3.5 Im vor­lie­gen­den Fall ba­siert die Punk­te­be­rech­nung des Ein­ga­be­prei­ses (Of­fert­sum­me) durch den Ge­mein­de­rat Baar. auf der An­nah­me, dass das preis­lich güns­tigs­te An­ge­bot die ma­xi­ma­le Punk­te­zahl und das Dop­pel­te der güns­tigs­ten Of­fer­te die halbe Punkt­zahl habe. Dies be­deu­tet gleich­zei­tig, dass erst ein An­ge­bot, das drei­mal so teuer ist wie das güns­tigs­te, 0 Punk­te er­gibt, die Preis­span­ne (ge­mes­sen am güns­tigs­ten An­ge­bot) somit 200 % be­trägt. Vor dem Hin­ter­grund der vor­an­ge­hend dar­ge­leg­ten Recht­spre­chung, aus wel­cher her­vor­geht, dass eine Preis­span­ne über 100 % in der Regel nicht ak­zep­ta­bel ist, ist die vom Ge­mein­de­rat Baar. of­fen­bar seit dem Jahr 2007 an­ge­wand­te Preis­span­ne von 200 % im Re­gel­fall grund­sätz­lich als un­zu­läs­sig zu be­zeich­nen. Sie führt zu einer äus­serst flach ver­lau­fen­den Preis­kur­ve und damit zu einer zu hohen Ab­wer­tung des von der Ver­ga­be­be­hör­de in ihrer Aus­schrei­bung be­kannt ge­ge­be­nen Ge­wichts des Kri­te­ri­ums Preis. Würde hin­ge­gen im vor­lie­gen­den Fall eine Preis­span­ne von 100 % zur An­wen­dung ge­lan­gen, er­hiel­te die Zu­schlags­emp­fän­ge­rin statt der ihr beim Kri­te­ri­um Preis zu­ge­spro­che­nen 44 Punk­te (genau ge­rech­net wären es sogar 44,45 Punk­te) le­dig­lich 39 Punk­te, womit die Be­schwer­de­füh­re­rin im Ge­samt­ergeb­nis klar an ers­ter Stel­le stün­de.

Nun zeich­net sich je­doch das in casu im Streit ste­hen­de Ver­ga­be­ver­fah­ren da­durch aus, dass bei einem Tief­st­an­ge­bot von Fr. 236'509.20 und einem Höchst­an­ge­bot von Fr. 548'462.– sowie einer gros­sen An­zahl ein­ge­gan­ge­ner Of­fer­ten, die sich preis­lich ziem­lich re­gel­mäs­sig ver­tei­len, eine tat­säch­li­che Preis­span­ne von knapp 132 % be­steht, ohne dass ge­sagt wer­den könn­te, dass es unter den An­ge­bo­ten of­fen­sicht­li­che Aus­reis­ser gebe. Diese Preis­span­ne ist er­staun­lich gross und wäre kaum in die­ser Grös­sen­ord­nung fest­ge­legt wor­den, hätte man dies im Vor­aus ge­macht. Es recht­fer­tigt sich daher im vor­lie­gen­den Fall als ma­xi­ma­les Ent­ge­gen­kom­men ge­gen­über dem Ge­mein­de­rat Baar., die (li­nea­re) Preis­kur­ve von 0 bis 50 Punk­ten in­ner­halb die­ser tat­säch­li­chen Preis­span­ne zu legen. Die­ses Vor­ge­hen ent­spricht der «Zür­cher Me­tho­de», wie sie das Ver­wal­tungs­ge­richt des Kan­tons Zü­rich in sei­nem Ent­scheid VB.2003.00469 vom 21. April 2004 mit fol­gen­der For­mel ent­wi­ckelt hat:

Tiefs­tes An­ge­bot + Preis­span­ne – Be­ur­teil­tes An­ge­bot
––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––  x Ge­wich­tung
Tiefs­tes An­ge­bot + Preis­span­ne – Tiefs­tes An­ge­bot

Dabei lässt es das Ver­wal­tungs­ge­richt des Kan­tons Zü­rich zu, dass die Band­brei­te auch erst nach dem Vor­lie­gen der An­ge­bo­te fest­ge­legt wird. Dies­falls kön­nen ge­mäss Ver­wal­tungs­ge­richt des Kan­tons Zü­rich auch die tat­säch­lich of­fe­rier­ten, ernst­haf­ten Prei­se als An­halts­punk­te be­rück­sich­tigt wer­den. Der Ge­mein­de­rat X. macht gel­tend, dass selbst bei An­wen­dung der hier sei­ner An­sicht nach nicht mass­geb­li­chen Zür­cher Me­tho­de ge­run­det beim Preis 42 Punk­te für die Zu­schlags­emp­fän­ge­rin re­sul­tier­ten. Damit wäre, so der Ge­mein­de­rat X., die Zu­schlags­emp­fän­ge­rin im Ge­samt­ergeb­nis noch immer um 0,1 Punk­te bes­ser be­wer­tet als die Be­schwer­de­füh­re­rin. Ent­schei­dend ist nun aber, dass – wie der Ge­mein­de­rat X. sel­ber dar­auf hin­weist – die Zu­schlags­emp­fän­ge­rin beim Kri­te­ri­um Preis nach der Zür­cher Me­tho­de nur dann 42 Punk­te er­hält, wenn auf­ge­run­det wird. Auf die erste Stel­le hin­ter dem Komma ge­rech­net sind es tat­säch­lich nicht 42, son­dern 41,6 Punk­te (exakt 41,56), womit die Be­schwer­de­füh­re­rin im Ge­samt­ergeb­nis 0,3 Punk­te vor der Zu­schlags­emp­fän­ge­rin liegt, selbst wenn man im vor­lie­gen­den Fall die Zür­cher Me­tho­de an­wen­det. Die Aus­rech­nung auf die erste Stel­le hin­ter dem Komma recht­fer­tigt sich dabei ohne Wei­te­res, umso mehr als dies auch beim Kri­te­ri­um «Re­fe­ren­zen» so ge­macht wurde.

3.6 Aus dem Dar­ge­leg­ten lässt sich fest­hal­ten, dass die vom Ge­mein­de­rat Baar im kon­kre­ten Fall an­ge­wand­te Be­wer­tungs­me­tho­de zu einem un­an­nehm­ba­ren Er­geb­nis führt. Eine Preis­kur­ve, die erst bei 200 % über der bil­ligs­ten Of­fer­te 0 Punk­te er­gibt, ge­währ­leis­tet nicht, dass der Preis das vor­ge­se­he­ne Ge­wicht von 50 % er­hält. Sie er­scheint als Ver­let­zung des Trans­pa­renz­ge­bots sowie des Grund­sat­zes, dass der Zu­schlag der wirt­schaft­lich güns­tigs­ten Of­fer­te zu er­tei­len ist. Eine Preis­span­ne von 200 % führt dazu, dass die Ver­ga­be­be­hör­de das An­ge­bot der Zu­schlags­emp­fän­ge­rin mit Blick auf den Preis er­heb­lich zu gut be­wer­tet hat. Diese Art der Preis­be­wer­tung ist daher nicht zu­läs­sig, und der Ge­mein­de­rat Baar hat damit das ihm zu­ste­hen­de Er­mes­sen miss­braucht. Nichts zu sei­nen Guns­ten kann der Ge­mein­de­rat Baar mit sei­ner Ar­gu­men­ta­ti­on, dass an­ge­sichts des kom­ple­xen Ver­ga­be­ge­gen­stands bei die­ser Ver­ga­be der Preis al­len­falls auch tie­fer, im Be­reich zwi­schen 20 und 30 %, hätte ge­wich­tet wer­den kön­nen, ab­lei­ten. Tat­säch­lich hat der Ge­mein­de­rat die Ge­wich­tung des Zu­schlags­kri­te­ri­ums Preis im Vor­aus mit 50 % be­kannt ge­ge­ben und mit dem von ihm an­ge­wen­de­ten Preis­be­wer­tungs­sys­tem wie aus­ge­führt das Trans­pa­renz­ge­bot ver­letzt.

(…)

5.

5.1 Zu­sam­men­fas­send ist der an­ge­foch­te­ne Zu­schlag dem­nach in Gut­heis­sung der Be­schwer­de auf­zu­he­ben. Da das An­ge­bot der Be­schwer­de­füh­re­rin damit an ers­ter Stel­le steht und keine wei­te­ren Ab­klä­run­gen er­for­der­lich sind, hat die Ver­ga­be an sie zu er­fol­gen.

5.2 Das Ge­richt kann als Be­schwer­de­in­stanz ge­mäss Art. 18 Abs. 1 IVöB die Zu­schlags­ver­fü­gung auf­he­ben, in der Sache sel­ber ent­schei­den oder diese mit oder ohne ver­bind­li­che An­wei­sun­gen an die Auf­trag­ge­be­rin zu­rück­wei­sen. Das Be­schwer­de­ver­fah­ren wird vom Un­ter­su­chungs­grund­satz be­herrscht. Dies be­deu­tet, dass das Ge­richt auch Fra­gen nach­zu­ge­hen hat, die von der Be­schwer­de­füh­re­rin nicht aus­drück­lich auf­ge­wor­fen wur­den. Eine um­fas­sen­de Prü­fungs­pflicht ist vor allem dann an­ge­bracht, wenn es um die Frage geht, ob das Ge­richt al­len­falls den Zu­schlag sel­ber er­tei­len soll oder nicht.

5.3 Die Recht­spre­chung der Kan­to­ne zu Art. 18 Abs. 1 IVöB wird da­durch ge­prägt, dass die Be­schwer­de­in­stan­zen bei Gut­heis­sung einer Be­schwer­de in der Regel in der Sache nicht sel­ber ent­schei­den, son­dern sie mit oder ohne ver­bind­li­che An­ord­nun­gen an die Ver­ga­be­be­hör­de zu­rück­wei­sen (Galli/Moser/Lang/Stei­ner, a.a.O., Rz. 1401). Nur aus­nahms­wei­se spricht die Be­schwer­de­in­stanz den Zu­schlag di­rekt der ob­sie­gen­den Be­schwer­de­füh­re­rin zu. Das ist z.B. dann der Fall, wenn der Sach­ver­halt voll­stän­dig ab­ge­klärt ist oder wenn nur noch eine Be­wer­be­rin für den Zu­schlag in Frage kommt. Steht zum vor­ne­her­ein fest, dass sich jede Neu­be­wer­tung zu Guns­ten der ob­sie­gen­den Be­schwer­de­füh­re­rin aus­wir­ken würde, so wäre es ein pro­zes­sua­ler Leer­lauf und eine un­nö­ti­ge Ver­fah­rens­ver­zö­ge­rung, wenn die Sache er­neut an die Ver­ga­be­be­hör­de zu­rück­ge­wie­sen würde. Das Ver­wal­tungs­ge­richt des Kan­tons Zug hat in sei­ner bis­he­ri­gen Pra­xis in meh­re­ren Fäl­len den Zu­schlag di­rekt an die zweit­plat­zier­te Be­schwer­de­füh­re­rin er­teilt (Ur­tei­le V 1999 137 vom 3. Fe­bru­ar 2000, V 2001 46 vom 28. Au­gust 2001, V 2004 128 vom 29. Ok­to­ber 2004, V 2007 70 vom 16. Juli 2007 und V 2015 39 vom 26. Mai 2015).

5.4 Wegen des durch die Neu­be­ur­tei­lung so­wohl des Zu­schlags­kri­te­ri­ums Preis als auch des Zu­schlags­kri­te­ri­ums Auf­trags­ana­ly­se je ent­ste­hen­den Vor­sprungs der Be­schwer­de­füh­re­rin im Ge­samt­ergeb­nis und der Tat­sa­che, dass beim drit­ten Zu­schlags­kri­te­ri­um (Schlüs­sel­per­son Pro­jekt­lei­ter Elek­tro­in­ge­nieur) keine Än­de­run­gen zu er­fol­gen haben, muss der Ge­mein­de­rat Baar keine Neu­be­wer­tung vor­neh­men. Eine wei­te­re An­bie­te­rin kommt für den Zu­schlag zudem nicht in Frage. Eine Rück­wei­sung er­üb­rigt sich daher, und das Ge­richt kann den Zu­schlag sel­ber vor­neh­men, was auch aus pro­zes­s­öko­no­mi­schen Grün­den sinn­voll ist.

(…)

Ur­teil des Ver­wal­tungs­ge­richts vom 1. Juli 2020, V 2020 14
Das Ur­teil ist rechts­kräf­tig.
Voll­stän­di­ges Ur­teil auf der Ent­scheid­da­ten­bank https://www.ver­wal­tungs­ge­richt.zg.ch

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