Virtuelles Lernen in der Berufsbildung – Projektstart von GIBZ und HSLU im 2021
Virtuelles Lernen in der Berufsbildung – Projektstart von GIBZ und HSLU im 2021

Das GIBZ (Gewerblich-industrielles Bildungszentrum Zug) lanciert mit der HSLU (Hochschule Luzern, Departement Informatik Rotkreuz) ein gemeinsames Projekt, das im 2021 startet und sechs Jahre dauert: Für einige Klassen wird Lernen in virtuellen Räumen erprobt.
Silvia Thalmann-Gut, Volkswirtschaftsdirektorin, erklärt: «Vom digitalen Unterrichten weiter zum Lernen in virtuellen Räumen. Ist das in der Berufsbildung anwendbar? Wir wollen es herausfinden. Deshalb werden ganz neue Bildungsformate für Lernende in der Berufsbildung entwickelt, die in den Branchen Gesundheit, Gastronomie, Innenausbau- und Bauberufe zum Einsatz kommen.» Ziele dieses Projekts beinhalten auch die sach- und fachgerechte Beurteilung und Bewertung der entwickelten Bildungsmodule im Hinblick auf die standardgemässe Anwendung in der Berufsbildung.
Konsequente Umsetzung der digitalen Strategie am GIBZ
«Parallel zu den verschiedenen Berufsentwicklungen, die mit den wirtschaftlichen Veränderungen im Gleichschritt vorangehen, läuft die Umsetzung der digitalen Strategie am GIBZ auf Hochtouren. So wurden mit Beginn dieses Schuljahres zwei Pilotklassen für Personalisiertes Lernen initialisiert», legt Beat Wenger, Rektor am GIBZ, dar. Dabei werden für einzelne Lernende die Lernwege auf digitalen Plattformen massgeschneidert zusammengestellt. Diese können sowohl den Unterricht im Schulzimmer besuchen als auch unabhängig von Zeit und Ort ihre Lerneinheiten digital bearbeiten. Dazu prüfen einzelne Lehrpersonen neue Unterrichtsformen wie «Flipped Classroom», bei denen neue Themen im Lehrbetrieb oder zu Hause erarbeitet und anschliessend in der Berufsfachschule vertieft werden; dabei kommen diverse digitalisierte Bildungsformate zum Einsatz.
Neue Dimension mit Augmented Reality und Virtual Reality
«Mit dem nächsten Schritt der digitalen Strategie am GIBZ wird nun in eine ganz neue Dimension in der Berufsbildung erschlossen: Augmented Reality (AR) and Virtual Reality (VR)», ist Silvia Thalmann-Gut überzeugt. Gemäss Darstellung der HSLU sind AR und VR Technologien, die Inhalte und Informationen auf neue Art und Weise erfahrbar machen. Mittels AR wird die reale Welt in Echtzeit mit digitalen Inhalten kombiniert, wodurch intuitive Interaktionsformen ermöglicht werden. So kann AR direkt vor Ort eingesetzt werden, um Informationen und Wissen an einem Exponat oder Gegenstand zugänglich zu machen. Das physische Erleben wird unterstützt durch interaktive Inhalte, die zusätzliche Informationen zur Verfügung stellen oder Unsichtbares sichtbar machen. In einer VR Umgebung taucht der Anwender ganz in eine künstliche Welt ein, die nach Belieben gestaltet werden kann. So können virtuelle Inhalte in Lebensgrösse erlebt werden als ob man wirklich vor Ort wäre. Dem Benutzer eröffnet sich die Möglichkeit, digitale Inhalte zu erleben und mit ihnen zu interagieren.
Virtuell und doch real
Neben der Berufsfachschule, den überbetrieblichen Kursen und dem Lehrbetrieb, öffnet sich mit AR und VR ein vierter virtueller Lernort. So können beispielsweise angehende Gesundheitsfachleute die Anatomie des Menschen bis ins Detail sehen und erfahren. Und bei Unklarheiten wird sofort reagiert, sei es mit einem zusätzlichen Bild oder einem Video einer 3-D-Darstellung. Schnell, spielend und unkompliziert wird vom Printmedium direkt in die digitale Welt umgeschaltet. «In Anbetracht der rasanten digitalen Entwicklung und der damit verbundenen neuen Anforderungen in der Wirtschaft wird es für berufsbildende Schulen zunehmend schwieriger, die Unterrichtsmaterialien zeitnah zur Verfügung zu stellen. Exponate zum Üben und Experimentieren sind teuer und können nicht immer nach Bedarf ausgewechselt werden. Die Wissens- und Kompetenzvermittlung muss kurz- bis mittelfristig in völlig neue Bahnen gelenkt werden, damit sie aktuell und zeitgemäss stattfinden kann», erläutert Silvia Thalmann-Gut.
Überfachliche Kompetenzen fördern
Neben der Wissensvermittlung fördern die Ausbildungsorte auch die überfachlichen Kompetenzen – ein Bereich, der noch bedeutsamer wird als bisher – gewichten doch mittlerweile viele Personalverantwortliche diesen Teil in den Zeugnissen stärker als die Benotung der klassischen Schulfächer. Zu den überfachlichen Kompetenzen gehören Kreativität, Empathie, Team- und Entscheidungsfähigkeiten oder kritisches und vernetztes Denken. Lernen mit AR und VR bieten Möglichkeiten, sich spielerisch Kompetenzen anzueignen.
Erste Pilotklassen werden sich in der Grundbildung der Architekturzeichnerinnen und -zeichner, der Schreinerinnen und Schreiner sowie Fachangestellte Gesundheit, Küche und Hauswirtschaft mit unterschiedlichen Lernformaten befassen. Die Lernenden lernen experimentell auf Erfahrungsebene und können im Lernprogramm switchen, Übungen wiederholen oder sich selbst überprüfen. In der Weiterbildung wird für die Höhere Fachschule für Technik und Gestaltung (HFTG) ein erstes Modul für 3-D-Technik und Raumgestaltung entwickelt.
Einbindung der Lehrpersonen
Die neuen Unterrichtsformen verlangen nach höchster Flexibilität und digitaler Kompetenz. Der Umgang und das Verständnis für digitale Medien sowie das Loslassen alter, bewährter Unterrichtsmethoden und die Bereitwilligkeit, sich auf Neues einzulassen, können eine grosse Herausforderung sein. Schon heute arbeiten Lernende zu einem grossen Anteil via Tablet oder Notebook, um mit ihren Lehrpersonen und Mitlernenden auch ausserhalb des Unterrichts verbunden zu sein. Entsprechend bereiten Lehrpersonen ergänzend Unterrichtsmaterialien vor, um möglichst im Gleichschritt mit den Tätigkeiten im Lehrbetrieb ausbilden zu können. Innerhalb von AR und VR zu Unterrichten stellt einen zusätzlichen Komplexitätsgrad dar, dennoch können die Lehrpersonen, die sich bereits mit dem digitalisierten Lernen auseinandergesetzt haben, insbesondere in pädagogischer Hinsicht, profitieren. Damit AR und VR in der ganzen Dimension erfasst werden können, werden die Lehrpersonen, die sich am Aufbau der Pilotprojekte beteiligen, direkt eingebunden. Dies in Zusammenarbeit mit der HSLU, die wiederum mit einem erfahrenen Unternehmen, wie zum Beispiel mit Eon Reality, an neuen Bildungsformaten arbeiten.
Reale Lernprozesse bleiben wirksam
Social Learning, das Lernen in der Gruppe, bleibt ein wichtiger Bestandteil der Ausbildung. «Lernende empfinden das digitale Lernen als spannend, sie sind aber auch der Ansicht, dass reale Lernprozesse für die Bewältigung der Berufsanforderungen höchst wirksam sind. Das reale Klassenzimmer wird wohl noch eine Weile bleiben», weiss Beat Wenger. Es ist jedoch gut möglich, dass sich Lernende in naher Zukunft nur noch für spezielle Problemstellungen im Klassenzimmer mit ihren Lehrpersonen als Moderatoren treffen.
Medienmitteilung
Typ | Titel | Bearbeitet |
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Medienmitteilung | 05.11.2020 |