Zwölf Thesen für eine effiziente Integration

Im Rahmen einer kleinen Diplomarbeit habe ich zwölf Thesen für eine effiziente schulische Integration aufgestellt. These Nr. 5 nimmt eine Forderung auf, die schon vor über zwanzig Jahren bei der Pilotierung gestellt wurde: Integration braucht ein Ventil.
Von Lukas Fürrer*
2020 durfte ich ein DAS in Betriebswirtschaft** absolvieren. Für meine Diplomarbeit stellte ich Effizienzüberlegungen zur schulischen Integration an. Effizienzüberlegungen wirken auf manche Pädagoginnen und Pädagogen wie ein rotes Tuch, noch bevor das Wort zu Ende gesprochen ist. Effizienzüberlegungen, so heisst es dann, mögen für die Wirtschaft richtig sein, in der Pädagogik haben sie nichts verloren. Das Gegenteil ist wahr. Denn wenn Effektivität bedeutet, dass das Richtige getan wird, bedeutet Effizienz, dass das Richtige richtig getan wird. Die Begriffe gehören zusammen. Effektivitätsfragen gehören an den Anfang und Effizienzfragen haben ihnen auf dem Fuss zu folgen. In einer Schule, die unter vielen Aufgaben und noch mehr Ansprüchen ächzt, ist Effizienz schlicht Pflicht und Führungsaufgabe. Wo es an einem guten Verhältnis von Aufwand und Ertrag krankt, kränkeln bald die Lehrpersonen.
Integration und Ventil
Mit dem Richtigen halte ich mich in meiner Arbeit nicht lange auf. Ich bin kein Experte, glaube aber, dass die Integration der richtige Weg ist. Kleinklassen bieten sich da und dort – zum Beispiel als Einführungsklassen nach dem Kindergarten oder für fremdsprachige Kinder – durchaus noch an. Aus diesem Grund sind sie im Kanton Zug auch ausdrücklich erlaubt. Die Gemeinden entscheiden, ob sie das Instrument nutzen wollen. Ich war aber auch in den 1990er Jahren Lehrer und habe die Kleinklassen eher als starre Gefässe in Erinnerung. Dass sie hinterfragt wurden, ein logischer Schritt. Dass sie in der Folge praktisch aufgelöst wurden, der Fortschrittsdynamik geschuldet, die sich nicht mehr erklären muss. Eigentlich sehe ich es gleich wie jene Lehrpersonen, welche die Integration vor über zwanzig Jahren in Oberwil pilotiert hatten: Integration ja, aber es braucht Ventile.
Schulinsel und Schulgarten
Gemeint waren Auffangstrukturen. Also Gefässe, wo eine rasche, temporäre Separation möglich ist. Sehr bildlich gesprochen: ein pädagogisch wertvolles Vor-die-Türe-Setzen. Zum Schutz der Klasse und Lehrperson - und zum Vorteil des Störenfrieds, der ein Konsequenzerlebnis hat und betreut zur Ruhe kommen kann. Gut zwanzig Jahre später sollen diese Ventile in Form von niederschwelligen Auffangstrukturen nun gesetzlich vorgeschrieben werden. Die Frage befindet sich im Moment in der Vernehmlassung. Einige Gemeinden kennen solche Auffangstrukturen à la Schulinseln schon lange und haben, da eingebettet und durchlässig konzipiert, sehr gute Erfahrungen gemacht. In Menzingen, das mit Sarnen zu den diesbezüglichen Pionierschulen gehörte, gibt es sogar eine (Link:) Schulinsel mit Schulgarten.
Zwölf Thesen oder Denkanstösse für eine effiziente Integration
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Reaktivierung Netzwerk Besondere Förderung
Die Integration ist die weitreichendste Schulreform der letzten dreissig Jahre. Dagegen können die geleiteten Schulen, das Qualitätsmanagement oder die Fremdsprachen nicht gerade einpacken, aber deren Auswirkung auf den Unterricht ist in meinen Augen geringer als die Auswirkung der Integration auf den Unterricht. Und auch der Lehrplan 21 und seine Beurteilungsfragen mögen da nicht mithalten. Dass die Integration seit ihrer Einführung kaum mehr als übergreifendes Schulentwicklungsthema in Erscheinung trat, ist vor dem Hintergrund der Themenlast zwar nicht erstaunlich, aber verwunderlich. Gemäss Amt für gemeindliche Schulen soll sich das ändern. Geplant sind eine Analyse und Teilprojekte im Bereich Verhaltensauffälligkeit. Auch die Reaktivierung des Netzwerks Besondere Förderung ist ein erfreulicher Schritt. Künftig sollen hier auch Logopädie, Psychomotorik, schulische Heilpädagogik, Begabungsförderung und Deutsch als Zweitsprache einbezogen werden. Ziel sind zweimal jährliche Austauschtreffen.
Die Macherinnen von Integration unterstützen
Von einem emotionslosen Blick auf unsere Handhabung der Integration können wir nur profitieren. Zwölf Thesen stelle ich dazu zur Verfügung. Die Thesen wurden in der Hoffnung entwickelt, dass sie einen Beitrag leisten, die Arbeit der Macherinnen und Macher von Integration etwas leichter zu machen. Schliesslich lebe ich mit einer solchen Macherin zusammen und habe grosses Interesse an ihrem Wohlergehen.
*Lukas Fürrer ist Generalsekretär der Direktion für Bildung und Kultur des Kantons Zug.
**Diploma of Advanced Studies (DAS) Business Administration, FHGR
Die Diplomarbeit in voller Länge
Typ | Titel | Bearbeitet |
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Effizienzüberlegungen zur schulischen Integration Lukas Fuerrer.pdf | 31.03.2023 |