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Grund­stück­ge­winn­steu­er: Ver­kehrs­wert vor 25 Jah­ren

Re­ges­te:

Art. 29 Abs. 2 BV – Setzt eine Grundstückgewinnsteuer-​Kommission einen Land­wert vor 25 Jah­ren ge­stützt auf Ver­gleichs­hand­än­de­run­gen von vor 25 Jah­ren fest, hat sie einem Steu­er­pflich­ti­gen im Ein­spra­che­ver­fah­ren auf Ge­such hin Ein­sicht in diese Hand­än­de­run­gen zu geben. Un­ter­lässt sie dies, ver­letzt sie das recht­li­che Gehör; Be­stä­ti­gung der Recht­spre­chung (Erw. 4.5 und 4.7).

§ 112 Abs. 2 StG – Aus Grün­den des Steu­er­ge­heim­nisses ist das volle Ak­ten­ein­sichtsrecht auf die Amts­stel­le be­schränkt. Aus­ge­hän­dig­te An­ga­ben zu den Ver­gleichs­grund­stü­cken sind der­art zu an­ony­mi­sie­ren, dass Rück­schlüs­se auf die Ei­gen­tü­mer der Ver­gleichs­grund­stü­cke nicht mehr mög­lich sind; Prä­zi­sie­rung der Recht­spre­chung (Erw. 4.7).

Aus dem Sach­ver­halt:

Mit Ver­an­la­gungs­ent­scheid vom 15. Mai 2018 setz­te die Grundstückgewinnsteuer-​Kommission der Ge­mein­de A. den Grund­stück­ge­winn aus der Ver­äus­se­rung des Grund­stücks X. auf Fr. fest. Die Kom­mis­si­on ging dabei für das Grund­stück von einem Ver­kehrs­wert vor 25 Jah­ren von Fr. aus. Da­ge­gen liess die Er­ben­ge­mein­schaft Y. Ein­spra­che ein­rei­chen und be­an­trag­te die Fest­le­gung eines hö­he­ren Ver­kehrs­werts vor 25 Jah­ren. Am 19. No­vem­ber 2018 hiess die Kom­mis­si­on die Ein­spra­che teil­wei­se gut und er­höh­te den in der Ver­an­la­gung an­ge­setz­ten Ver­kehrs­wert, je­doch nicht im von den Ein­spre­chern ver­lang­ten Aus­mass. Am 19. De­zem­ber 2018 liess die Er­ben­ge­mein­schaft Y. da­ge­gen Re­kurs beim Ver­wal­tungs­ge­richt ein­rei­chen und ver­lang­te wie schon in der Ein­spra­che die Fest­set­zung des Ver­kehrs­werts vor 25 Jah­ren auf Fr..

Aus den Er­wä­gun­gen:

(…)

2. Die Re­kur­ren­ten wer­fen der Grundstückgewinnsteuer-​Kommission (fort­an: Re­kurs­geg­ne­rin) vor­erst vor, sie habe weder im Ver­an­la­gungs­ent­scheid vom 15. Mai 2018 noch im Ein­spra­che­ent­scheid vom 19. No­vem­ber 2018 sub­stan­ti­iert be­grün­det, wie sie auf den Land­wert ge­kom­men sei, den sie letzt­lich für die Be­rech­nung des Ver­kehrs­werts des Grund­stücks X. (fort­an: GS X.) vor 25 Jah­ren (1992) bei­gezo­gen habe (Fr./m2 ge­mäss Ein­spra­che­ent­scheid der Re­kurs­geg­ne­rin). Die Re­kurs­geg­ne­rin habe es un­ter­las­sen, den Re­kur­ren­ten be­kannt zu geben, wie viele und wel­che Grund­stü­cke als Ver­gleichs­ob­jek­te her­an­ge­zo­gen wor­den seien. Ent­spre­chend habe sie auch keine Mög­lich­keit ge­habt zu über­prü­fen, ob die von der Kom­mis­si­on zu Ver­gleichs­zwe­cken her­an­ge­zo­ge­nen Ob­jek­te mit dem GS X. ver­gleich­bar seien.

Die Nichtof­fen­le­gung der ein­zel­nen zum Ver­gleich her­an­ge­zo­ge­nen Hand­än­de­run­gen zum re­le­van­ten Be­wer­tungs­zeit­punkt (1992) wird von der Re­kurs­geg­ne­rin nicht be­strit­ten, son­dern damit ge­recht­fer­tigt, dass die Wah­rung des Steu­er­ge­heim­nis­ses die Of­fen­le­gung der De­tails zu den Ver­gleichs­hand­än­de­run­gen ver­bie­te.

Streit­ge­gen­stand bil­det vor­lie­gend daher vor­der­hand eine Frage der Ge­hörs­ver­wei­ge­rung, über wel­che vorab, das heisst vor der Be­ur­tei­lung der ma­te­ri­el­len Streit­fra­gen zu ent­schei­den ist, wie dies den Par­tei­en durch das Ge­richt mit Schrei­ben vom 13. März 2019 mit­ge­teilt wurde (BGE 126 I 15 vom 24. No­vem­ber 1999; Rich­ner/Frei/Kauf­mann/Meu­ter, Kom­men­tar zum Zür­cher Steu­er­ge­setz, 3. Auf­la­ge, 2013, § 124 Rz 11).

3.
3.1 Ge­mäss § 189 Abs. 1 des Steu­er­ge­set­zes vom 25. Mai 2000 (StG, BGS 632.1) un­ter­lie­gen der Grund­stück­ge­winn­steu­er Ge­win­ne, die aus der Ver­äus­se­rung von Grund­stü­cken des Pri­vat­ver­mö­gens oder von An­tei­len an sol­chen er­zielt wer­den. Steu­er­ob­jekt ist der Grund­stück­ge­winn. Der Grund­stück­ge­winn ist ge­mäss § 193 Abs. 1 StG der Be­trag, um wel­chen der Erlös die An­la­ge­kos­ten (Er­werbspreis und an­re­chen­ba­re Auf­wen­dun­gen sowie der bei der Über­füh­rung ins Pri­vat­ver­mö­gen be­steu­er­te Ge­winn) über­steigt. Als Er­werbspreis gilt der Kauf­preis mit allen wei­te­ren Leis­tun­gen der er­wer­ben­den Per­son. Liegt die mass­ge­ben­de Hand­än­de­rung wie vor­lie­gend mehr als 25 Jahre zu­rück, kann die steu­er­pflich­ti­ge Per­son an­stel­le des Er­werbsprei­ses den Ver­kehrs­wert des Grund­stü­ckes vor 25 Jah­ren in An­rech­nung brin­gen (§ 195 Abs. 2 StG).

3.2 Bei der Ver­an­la­gung der Grund­stück­ge­winn­steu­er ist der Ver­kehrs­wert – ab­wei­chend von der Steu­er­ein­schät­zung für die Kantons-​ und Ge­mein­de­steu­ern, bei der der «Ver­kehrs­wert» einer Lie­gen­schaft im In­ter­es­se einer ra­tio­nel­len Ver­an­la­gung mit Hilfe von ge­ne­rel­len Richt­li­ni­en als For­mel­wert fest­ge­legt wer­den kann – in­di­vi­du­ell nach all­ge­mei­nen Be­wer­tungs­grund­sät­zen zu schät­zen. Der Grund für die­ses un­ter­schied­li­che Vor­ge­hen liegt in der ape­ri­odi­schen Er­he­bung der Grund­stück­ge­winn­steu­er und der im Ge­gen­satz zur Ver­mö­gens­steu­er er­heb­lich grös­se­ren Steu­er­be­las­tung. Bei der re­la­tiv ge­ring­fü­gi­gen Steu­er­be­las­tung bei der Ver­mö­gens­steu­er (0.5 – 2 ‰ ge­mäss § 44 Abs. 2 StG) kann aus ver­wal­tungs­öko­no­mi­schen Über­le­gun­gen viel eher zu einer ver­all­ge­mei­nern­den Ty­pi­sie­rung ge­schrit­ten wer­den als bei der Grund­stück­ge­winn­steu­er, wo mit Steu­er­sät­zen bis ma­xi­mal 60 % ge­rech­net wer­den muss (§ 199 Abs. 3 StG). Hier ist den be­son­de­ren Ver­hält­nis­sen jedes Ein­zel­falls Rech­nung zu tra­gen (Rich­ner/Frei/Kauf­mann/Meu­ter, a.a.O., § 220 N 121). Der Ver­kehrs­wert eines Grund­stücks ist nach ob­jek­ti­ven Grund­sät­zen zu er­mit­teln und ent­spricht dem Preis, der für das Grund­stück nach des­sen recht­li­chen Ge­ge­ben­hei­ten und des­sen tat­säch­li­chen Ei­gen­schaf­ten im ge­wöhn­li­chen Ge­schäfts­ver­kehr am frag­li­chen Be­wer­tungs­stich­tag (hier: per De­zem­ber 1992) zu er­zie­len ge­we­sen wäre. Als ge­wöhn­li­cher Ge­schäfts­ver­kehr wird der Han­del am frei­en Markt be­zeich­net, bei dem sich die Prei­se nach markt­wirt­schaft­li­chen Ge­ge­ben­hei­ten auf der Grund­la­ge von An­ge­bot und Nach­fra­ge bil­den und bei dem jeder Ver­trags­part­ner nicht aus Zwang und Not, son­dern frei­wil­lig und in Wah­rung sei­ner In­ter­es­sen zu han­deln in der Lage ist (Rich­ner/Frei/Kauf­mann/Meu­ter, a.a.O., § 220 N 123 f.). Der Ver­kehrs­wert kann nicht mit dem be­zahl­ten Preis gleich­ge­setzt wer­den, denn der Preis eines Grund­stücks muss nicht sei­nem Wert ent­spre­chen. Es ist daher grund­sätz­lich un­taug­lich, aus einem er­ziel­ten heu­ti­gen Ver­kaufs­er­lös auf einen eben­so hohen Ver­kehrs­wert vor 25 Jah­ren mit­tels Dis­kon­tie­rung schlies­sen zu wol­len. Der Ver­kehrs­wert kann auch nicht durch Rechts­ge­schäf­te be­stimmt wer­den, die durch aus­ser­or­dent­li­che Um­stän­de zu­stan­de ge­kom­men sind (wie z.B. Not­ver­käu­fe, Zwangs­voll­stre­ckung, Spe­ku­la­ti­ons­käu­fe). Bei Grund­stü­cken be­stimmt der Markt am Ort der ge­le­ge­nen Sache den Ver­kehrs­wert. Der Be­wer­tungs­stich­tag ist mass­ge­bend für die Be­ant­wor­tung aller re­le­van­ten Fra­gen, d.h. auf die­sen Zeit­punkt ist eine Mo­ment­auf­nah­me vor­zu­neh­men. So ist der Zu­stand des Grund­stücks in tat­säch­li­cher und recht­li­cher Hin­sicht mass­ge­bend wie auch all­fäl­li­ge In­dex­zah­len (Bau­kos­ten­in­dex, Ge­bäu­de­ver­si­che­rungs­wer­te, Miet­preis­in­dex etc.). Auch der Hy­po­the­kar­zins­satz, die bau- und miet­recht­li­chen Rah­men­be­din­gun­gen, das all­ge­mei­ne wirt­schaft­li­che Um­feld sowie die In­fra­struk­tur am Be­wer­tungs­stich­tag sind fest­zu­le­gen (Rich­ner/Frei/ Kauf­mann/Meu­ter, a.a.O., § 220 N 132.).

3.3 Der Ver­kehrs­wert kann nach ver­schie­de­nen Me­tho­den er­mit­telt wer­den, näm­lich der Preis­ver­gleichs­me­tho­de, der Sach­wert­me­tho­de und der Er­trags­wert­me­tho­de. Als wei­te­re Mo­del­le kom­men die Rück­wärts­rech­nung, die La­gen­klas­sen­me­tho­de und die Struk­tur­zah­len­me­tho­de in Frage. Die Ver­gleichs­me­tho­de wird bei der Schät­zung von un­über­bau­ten Grund­stü­cken als Haupt-​, die an­de­ren als Hilfs­me­tho­den be­zeich­net. Auch bei Wohn­grund­stü­cken gilt die Ver­gleichs­me­tho­de als die ob­jek­tivs­te aller Be­wer­tungs­ver­fah­ren. Die Ver­gleichs­me­tho­de ba­siert dar­auf, dass auf­grund von ver­gleich­ba­ren Ob­jek­ten, wel­che in der frag­li­chen Zeit tat­säch­lich ver­kauft wur­den, auf den Wert des zu schät­zen­den Grund­stü­ckes ge­schlos­sen wird. Die Ver­gleichs­me­tho­de wird in der Gerichts-​ und Ver­wal­tungs­pra­xis deut­lich fa­vo­ri­siert, und zwar un­ab­hän­gig davon, ob es sich um über­bau­te oder un­über­bau­te Grund­stü­cke han­delt (Rich­ner/Frei/Kauf­mann/Meu­ter, a.a.O., § 220 N 139). Bei der Schät­zung von un­über­bau­ten Grund­stü­cken soll – so­weit mög­lich – auf die Ver­gleichs­prei­se ab­ge­stellt wer­den, die im glei­chen Zeit­raum für ähn­li­che un­über­bau­te Grund­stü­cke er­zielt wur­den. Dies gilt im Grund­satz auch für den Land­wert über­bau­ter Grund­stü­cke unter Be­rück­sich­ti­gung der vor­han­de­nen Über­bau­ung und deren wirt­schaft­li­chen Aus­nüt­zungs­mög­lich­keit; dem Um­stand der vor­han­de­nen Über­bau­ung wird bei der Ver­gleichs­me­tho­de mit einem Wert­ein­schlag (Be­bau­ungs­ein­schlag) Rech­nung ge­tra­gen, denn der Um­stand einer vor­han­de­nen Über­bau­ung wird in der Regel den Land­wert min­dern, da der Boden in die­sem Fall einem po­ten­ti­el­len Käu­fer nur noch ein­ge­schränkt zur bau­li­chen Nut­zung nach des­sen ei­ge­nen Vor­stel­lun­gen zur Ver­fü­gung steht (zum Gan­zen Rich­ner/Frei/Kauf­mann/Meu­ter, a.a.O., § 220 Rz 185 f. i.V.m Rz 153; Schät­zer­hand­buch der Ver­ei­ni­gung kan­to­na­le Grund­stücks­be­wer­tungs­ex­per­ten, Aus­ga­be Au­gust 1990, Ka­pi­tel III/3, Ziff. 3.3.6.1).

Her­an­zu­zie­hen sind Ver­gleichs­prei­se von Hand­än­de­run­gen unter Dritt­per­so­nen, wobei als Dritt­per­son auch das Ge­mein­we­sen in Frage kommt. Nicht un­be­se­hen dür­fen Prei­se von Hand­än­de­run­gen bei­gezo­gen wer­den, bei denen per­sön­li­che Ver­hält­nis­se auf den Preis ein­ge­wirkt haben (Ge­fäl­lig­keits­prei­se unter Ver­wand­ten und Freun­den). Als ver­gleich­bar kön­nen Hand­än­de­run­gen an mög­lichst nahe ge­le­ge­nen Grund­stü­cken her­an­ge­zo­gen wer­den, die lage-, zonen-​ und form­mäs­sig sowie hin­sicht­lich Er­schlies­sungs­grad dem Schät­zungs­ob­jekt gleich oder ähn­lich sind. Wert­be­ein­flus­sen­de Kri­te­ri­en sind in ers­ter Linie die fol­gen­den:
- Lage/Stand­ort (Di­stanz zu Ein­kaufs­mög­lich­kei­ten, öf­fent­li­chem Ver­kehr, Schu­len, Kultur-​ und Frei­zeit­mög­lich­kei­ten, Cha­rak­ter der nä­he­ren Um­ge­bung, zu­künf­ti­ge Ent­wick­lung der Lage);
- Er­schlies­sungs­grad, Grös­se und Form des Grund­stücks;
- Aus­sicht und Be­son­nung, Im­mis­sio­nen und Alt­las­ten;
- Auf­la­gen, Rech­te und Las­ten;
- Bau­grund und Nei­gung, Bau­rei­fe, Eig­nung für Über­bau­ung;
- Zo­nen­zu­ge­hö­rig­keit und Nut­zungs­mög­lich­kei­ten.

Die ein­zel­nen mass­ge­ben­den Ver­gleichs­grund­stü­cke sind unter Wür­di­gung ihrer Vor- und Nach­tei­le dem Schät­zungs­ob­jekt ge­gen­über­zu­stel­len. Auf diese Weise ist ein an­ge­mes­se­ner Mit­tel­wert fest­zu­le­gen (Rich­ner/Frei/Kauf­mann/Meu­ter, a.a.O., § 220 N 153 ff., 161). Bei der Ver­kehrs­wert­schät­zung über­bau­ter Grund­stü­cke wird in der Regel so­wohl der Re­al­wert (be­stehend aus Land­wert, Bau­wert, Ne­ben­kos­ten) wie auch der Er­trags­wert be­rück­sich­tigt (BGE 134 II 49 E. 15.1). Der Er­trags­wert muss aber nicht not­wen­di­ger­wei­se bei allen Grund­stü­cken be­rück­sich­tigt wer­den. Bei Wohn­lie­gen­schaf­ten, die auf­grund ihrer Ge­stal­tung in ers­ter Linie der Ei­gen­nut­zung die­nen, kommt dem Re­al­wert aus­schlag­ge­ben­de Be­deu­tung zu, wes­halb hier kein Er­trags­wert be­rück­sich­tigt wer­den muss.

4.
4.1 In allen Fäl­len, in denen durch die Ver­an­la­gungs­be­hör­den für die Grund­stück­ge­winn­steu­er Ver­gleichs­prei­se bei­gezo­gen wer­den, muss das recht­li­che Gehör der steu­er­pflich­ti­gen Per­son be­ach­tet wer­den. Der An­spruch auf recht­li­ches Gehör im Sinne von Art. 29 Abs. 2 der Bun­des­ver­fas­sung der Schwei­ze­ri­schen Eid­ge­nos­sen­schaft vom 18. April 1999 (BV, SR 101) um­fasst die Rech­te und Pflich­ten der Par­tei­en auf Teil­nah­me am Ver­fah­ren und auf Ein­fluss­nah­me auf den Pro­zess der Ent­scheid­fin­dung. Im Rah­men der Sach­ver­halts­er­mitt­lung im Steu­er­ein­schät­zungs­ver­fah­ren ver­leiht der Ge­hörs­an­spruch der steu­er­pflich­ti­gen Per­son ins­be­son­de­re auch das Recht auf Ein­sicht in die für die Ver­an­la­gung re­le­van­ten Akten (Rich­ner/Frei/Kauf­mann/Meu­ter, a.a.O., § 124 Rz 1 ff.). Die­ses Ak­ten­ein­sichts­recht wird auf kan­to­na­ler Ebene durch § 112 StG kon­kre­ti­siert.

4.2 Vor­lie­gend folgt aus dem An­spruch auf recht­li­ches Gehör und dem davon ab­ge­lei­te­ten Ak­ten­ein­sichts­recht, dass die Re­kur­ren­ten sich vor der Ver­an­la­gungs­be­hör­de zu den er­ho­be­nen Ver­gleichs­prei­sen und deren Ver­gleichs­taug­lich­keit müs­sen äus­sern kön­nen. Hier­für ist dem Steu­er­pflich­ti­gen re­gel­mäs­sig eine Liste der Ver­gleichs­hand­än­de­run­gen mit den be­zahl­ten Prei­sen zu­sam­men mit einem Orts­plan und der da­mals gül­ti­gen Bau­ord­nung mit Zo­nen­plan vor­zu­le­gen. Um die Ver­gleichs­taug­lich­keit prü­fen zu kön­nen, müs­sen rich­tig be­trach­tet auch die Par­tei­en der Ver­gleichs­hand­än­de­run­gen ge­nannt wer­den, damit über­prüft wer­den kann, ob aus­ser­ge­wöhn­li­che oder per­sön­li­che Ver­hält­nis­se den Preis be­ein­flusst haben könn­ten. Dies ist an­ge­sichts des das Steu­er­ver­fah­ren be­herr­schen­den Steu­er­ge­heim­nis­ses nicht un­pro­ble­ma­tisch, d.h. die Ver­an­la­gungs­be­hör­de hat eine Gü­ter­ab­wä­gung zwi­schen dem Steu­er­ge­heim­nis auf der einen und dem recht­li­chen Gehör auf der an­de­ren Seite vor­zu­neh­men. In der Regel hat dabei der An­spruch auf recht­li­ches Gehör zu über­wie­gen, v.a. wenn es um Ver­gleichs­hand­än­de­run­gen geht, die be­reits 20 und mehr Jahre zu­rück­lie­gen. Ge­mäss ein­schlä­gi­ger Li­te­ra­tur hat aber auch hier die Gel­tung des Steu­er­ge­heim­nis­ses zur Folge, dass die Ein­sicht in die Liste der Prei­se und der Par­tei­en der Ver­gleichs­hand­än­de­run­gen von der steu­er­pflich­ti­gen Per­son ver­langt wer­den muss (Dar­le­gung der Pra­xis des Ver­wal­tungs­ge­richts in: GVP 2015 272 f.; Rich­ner/Frei/Kauf­mann/Meu­ter, a.a.O., § 220 N 225).

4.3 Im vor­lie­gen­den Fall hat die Re­kurs­geg­ne­rin im Ein­spra­che­ent­scheid (…) fest­ge­hal­ten, dass der für GS X. per 1992 im Ver­an­la­gungs­ent­scheid fest­ge­setz­te Land­wert von Fr./m2 zu er­hö­hen sei, je­doch nicht auf den von den Re­kur­ren­ten be­an­trag­ten Wert von Fr./m2, da die­ser deut­lich über den Ver­gleichs­ob­jek­ten liege, son­dern le­dig­lich auf Fr./m2. Die von den Re­kur­ren­ten gel­tend ge­mach­te Ver­gleichs­hand­än­de­rung (mit Fr./m2) wurde von der Re­kurs­geg­ne­rin als nicht mit dem da­ma­li­gen Ver­kehrs­wert über­ein­stim­mend be­ur­teilt, weil der Kauf­preis deut­lich von an­de­ren Ver­äus­se­rungs­ge­schäf­ten ab­ge­wi­chen sei (…).

4.4 Die Re­kur­ren­ten be­an­trag­ten im Ein­spra­che­ver­fah­ren unter Be­ru­fung auf das ver­fas­sungs­mäs­sig ga­ran­tier­te recht­li­che Gehör die Of­fen­le­gung der von der Re­kurs­geg­ne­rin zi­tier­ten und von ihr zum Ver­gleich her­an­ge­zo­ge­nen «an­de­ren Ver­äus­se­rungs­ge­schäf­ten». Dies lehn­te die Re­kurs­geg­ne­rin unter Be­ru­fung auf das Steu­er­ge­heim­nis kurz­um ab (…). Die Re­kurs­geg­ne­rin er­läu­ter­te statt­des­sen ihr ver­wal­tungs­in­ter­nes Ver­fah­ren zur Eru­ie­rung der für die Grund­stück­ge­winn­steu­er re­le­van­ten Land­wer­te, nach wel­chem sie je­weils zu Be­ginn des Jah­res die an­zu­wen­den­den Land­prei­se pro Qua­drat­me­ter vor 25 Jah­ren fest­le­ge. Die so von der Ver­an­la­gungs­be­hör­de fest­ge­leg­ten Land­wer­te wür­den sich auch an der all­ge­mei­nen Preis­ent­wick­lung für Bau­land und den all­ge­mei­nen Im­mo­bi­li­en­prei­sen ori­en­tie­ren (…). Die im Ein­spra­che­ent­scheid ein­ge­nom­me­nen Po­si­tio­nen zur Er­mitt­lung der Ver­gleichs­prei­se vor 25 Jah­ren und deren Nichtof­fen­le­gung ge­gen­über den Re­kur­ren­ten wer­den von der Re­kurs­geg­ne­rin in der Re­kurs­ant­wort be­kräf­tigt (…).

4.5 Das grund­sätz­li­che Vor­ge­hen der Re­kurs­geg­ne­rin ist an sich nicht zu be­an­stan­den. Es ist sach­ge­recht, dass man für die Schaf­fung eines Richt­wer­tes aus Grün­den der Rechts­gleich­heit ver­schie­de­ne Liegenschafts-​ und Grund­stücks­ver­käu­fe, die in der Ge­mein­de zum Be­wer­tungs­zeit­punkt (hier 1992) statt­ge­fun­den haben, zum Ver­gleich her­an­zieht. Aus dem Kern­ge­dan­ken des recht­li­chen Ge­hörs und der dar­aus her­vor­ge­hen­den Be­grün­dungs­pflicht er­gibt sich aber, dass die zum Ver­gleich bei­gezo­ge­nen Liegenschafts-​ und Grund­stück­ver­käu­fe im De­tail of­fen­ge­legt wer­den müs­sen. Wie in Erw. 3. oben be­reits aus­ge­führt, muss für jeden ein­zel­nen der be­rück­sich­tig­ten Ver­gleichs­ver­käu­fe die ge­naue Lage bzw. der Stand­ort in­ner­halb der Ge­mein­de be­kannt ge­ge­ben wer­den. Nur so kann die steu­er­pflich­ti­ge Per­son und in einem Rechts­mit­tel­ver­fah­ren die Re­kurs­be­hör­de be­ur­tei­len, wel­chen Ein­fluss der Stand­ort des Ver­gleichs­ge­schäfts mit Bezug auf öf­fent­li­chen Ver­kehr, Ein­kaufs­mög­lich­kei­ten, Schu­len, Kultur-​ und Frei­zeit­mög­lich­kei­ten etc. hat. Wich­tig sind auch die In­for­ma­tio­nen be­züg­lich Grös­se und Form der Ver­gleichs­grund­stü­cke, die Aus­sicht, die Be­son­nung und die Im­mis­sio­nen. Eben­falls ganz we­sent­lich sind die Zo­nen­zu­ge­hö­rig­keit und damit die Frage der Aus­nüt­zung. Schliess­lich ist es wich­tig zu wis­sen, in wel­cher Be­zie­hung Käu­fer und Ver­käu­fer zu­ein­an­der­ge­stan­den haben, denn die Grund­stücks­prei­se unter Ver­wand­ten und Freun­den sind – wie be­reits er­wähnt – an­ders zu wer­ten als Prei­se unter rei­nen Ge­schäfts­part­nern. Al­lein mit dem Hin­weis, dass man vor­lie­gend für das Jahr 1992 unter Zu­hil­fe­nah­me ver­schie­de­ner Ver­gleichs­ver­käu­fe einen durch­schnitt­li­chen Ver­kehrs­wert von erst Fr./m2 (Ver­an­la­gungs­ent­scheid) und dann Fr. /m2 (Ein­spra­che­ent­scheid) fest­ge­legt habe, wird die­ser Land­wert nicht nach­voll­zieh­bar und rechts­ge­nü­gend be­grün­det.

4.6 An die­ser Be­ur­tei­lung ver­mag auch die von der Re­kurs­geg­ne­rin er­stell­te Liste «Land­prei­se nach Aus­nüt­zung (Land­prei­se vor 25 Jah­ren)» (Bei­la­ge 2.7 der Re­kurs­geg­ne­rin, nach­fol­gend Land­preis­lis­te ge­nannt) nichts zu än­dern. Aus die­ser Land­preis­lis­te er­gibt sich für die Zone W2a im Jahre 1992 ein Richt­preis von Fr. 470.–/m2 und für die Zone W3 ein sol­cher von Fr. 600.–/m2. Bei sehr guter Lage und Grös­se des Grund­stücks wird eine An­pas­sung vor­be­hal­ten. Eine nä­he­re Be­grün­dung oder die Auf­zäh­lung und Prä­zi­sie­rung be­züg­lich der an­geb­lich be­rück­sich­tig­ten Grund­stück­käu­fe feh­len auf der Land­wert­lis­te. So­lan­ge nur die­ser nicht näher de­fi­nier­te Richt­wert zur Be­grün­dung durch die Re­kurs­geg­ne­rin auf­ge­führt wird, haben die steu­er­pflich­ti­ge Per­son und die Re­kurs­be­hör­de keine Mög­lich­keit, die­sen Wert auf seine Recht­mäs­sig­keit und An­ge­mes­sen­heit zu über­prü­fen (Rich­ner/Kauf­mann/Frei/Meu­ter, a.a.O., § 220 Rz 225 und § 124 Rz 34). Die Be­grün­dung eines Ent­schei­des ent­spricht aber erst dann den An­for­de­run­gen von Art. 29 Abs. 2 BV und § 15 des Ge­set­zes über den Rechts­schutz in Ver­wal­tungs­sa­chen des Kan­tons Zug vom 1. April 1976 (VRG, BGS 162.1), wenn die be­trof­fe­ne Per­son in die Lage ver­setzt wird, die volle Trag­wei­te eines Ent­schei­des zu er­ken­nen, damit sie ihn in vol­ler Kennt­nis aller re­le­van­ten Fak­ten an die hö­he­re In­stanz wei­ter­zie­hen kann. Will sich die Ein­schät­zungs­be­hör­de auf Er­fah­rungs­zah­len stüt­zen, ge­bie­tet es daher der Grund­satz des recht­li­chen Ge­hörs, dass das ent­spre­chen­de sta­tis­ti­sche Ma­te­ri­al der steu­er­pflich­ti­gen Per­son zu­gäng­lich ge­macht wird (Rich­ner/Frei/Kauf­mann/Meu­ter, a.a.O., § 124 Rz 37). Mit der blos­sen Nen­nung von "Richt­prei­sen" auf der Land­wert­lis­te bleibt vor­lie­gend das recht­li­che Gehör der Re­kur­ren­ten ver­letzt.

4.7. Ge­stützt auf diese Aus­füh­run­gen hat die Re­kurs­geg­ne­rin den Re­kur­ren­ten dem­nach grund­sätz­lich Ein­sicht in die Ver­gleichs­hand­än­de­run­gen zu geben, ins­be­son­de­re in jene, wel­che die Re­kurs­geg­ne­rin ver­an­lasst haben, dem streit­be­trof­fe­nen GS X. im Ein­spra­che­ent­scheid per 1992 einen Land­wert von Fr./m2 zu­zu­mes­sen. In Prä­zi­sie­rung des von den Par­tei­en er­wähn­ten Ur­teils A 2015 6 vom 23. Sep­tem­ber 2015 (GVP 2015 270 ff.) und unter Be­rück­sich­ti­gung des von der Re­kurs­geg­ne­rin an­ge­ru­fe­nen Steu­er­ge­heim­nis­ses er­scheint es dem Ge­richt je­doch ge­recht­fer­tigt, in Fäl­len wie dem vor­lie­gen­den dem Steu­er­pflich­ti­gen ein le­dig­lich ein­ge­schränk­tes Ak­ten­ein­sichts­recht zu ge­wäh­ren. Das volle Ein­sichts­recht zu den Ori­gi­nal­ak­ten der Ver­gleichs­hand­än­de­run­gen bleibt dabei be­schränkt auf die Ein­sicht­nah­me «in der Amts­stel­le», d.h. in den Räum­lich­kei­ten der Re­kurs­geg­ne­rin, ohne Mög­lich­keit der Er­stel­lung von Fo­to­ko­pien oder Fo­to­gra­fien der Ori­gi­nal­do­ku­men­te. Dies be­deu­tet im Ge­gen­zug, dass von der Re­kurs­geg­ne­rin den Re­kur­ren­ten al­len­falls aus­ge­hän­dig­te An­ga­ben zu den Ver­gleichs­grund­stü­cken der­art zu an­ony­mi­sie­ren sind, dass Rück­schlüs­se auf die Ei­gen­tü­mer der Ver­gleichs­grund­stü­cke nicht mehr mög­lich sind. Sol­che An­ga­ben dürf­ten daher das Datum der Hand­än­de­rung, die Ge­biets­an­ga­be, die Zo­nen­zu­ge­hö­rig­keit, die Art des Rechts­ge­schäfts (wie Kauf, Schen­kung etc.) und den Preis/m2 be­inhal­ten, je­doch keine In­for­ma­tio­nen zu Namen und Adres­sen der Ei­gen­tü­mer, Adres­sen der Ver­gleichspar­zel­len, deren Grund­buch­num­mern und Grund­stücks­grös­sen sowie zum Ver­kaufs­preis.

Die Ge­wäh­rung eines der­art ein­ge­schränk­ten Ein­sichts­rechts in die Akten zu den Ver­gleichs­hand­än­de­run­gen er­scheint auch des­halb kor­rekt, da das ver­fas­sungs­mäs­sig ga­ran­tier­te Ak­ten­ein­sichts­recht grund­sätz­lich nur das Ein­sichts­recht «in der Amts­stel­le» be­inhal­tet, nicht aber ein Recht auf Aus­hän­di­gung oder Zu­stel­lung der Akten (Rich­ner/Frei/Kauf¬mann/Meu­ter, a.a.O., § 124 Rz 17). Sie ist daher auch im Lich­te von § 112 Abs. 1 und 2 StG, wel­cher sich über das Ak­ten­ein­sichts­recht aus­spricht, als an­ge­mes­sen zu be­trach­ten.

5. Zu­sam­men­fas­send er­gibt sich, dass durch die Nichtof­fen­le­gung der von der Re­kurs­geg­ne­rin zur Land­wert­ermitt­lung von GS X. per 1992 her­an­ge­zo­ge­nen Ver­gleichs­hand­än­de­run­gen das recht­li­che Gehör der Re­kur­ren­ten ver­letzt wurde und der Re­kurs in die­sem Punkt gut­zu­heis­sen ist.

Eine Hei­lung der Ver­let­zung des recht­li­chen Ge­hörs ist in die­sem Ver­fah­ren nicht mög­lich, ob­wohl dem Ge­richt an sich die volle Über­prü­fungs­be­fug­nis zu­kommt. Es feh­len aber so gut wie alle Fak­ten und Be­weis­mit­tel, wel­che dem Ge­richt eine volle Über­prü­fung der um­strit­te­nen Fra­gen er­mög­li­chen wür­den. Es ent­ste­hen den Re­kur­ren­ten durch eine Rück­wei­sung auch keine nicht-​wiedergutzumachende Nach­tei­le (Rich­ner/Frei/Kauf­mann/Meu­ter, a.a.O., § 149 Rz 31).

Be­züg­lich der Frage nach dem Ver­kehrs­wert von GS X. vor 25 Jah­ren, d.h. per 1992, wird daher der Ein­spra­che­ent­scheid auf­ge­ho­ben und die Sache zur Neu­be­ur­tei­lung und Neu­ent­schei­dung i.S.v. § 137 Abs. 4 StG an die Re­kurs­geg­ne­rin zu­rück­ge­wie­sen. Von der Re­kurs­geg­ne­rin in die­sem Ver­fah­ren zur Be­stim­mung des Land­werts von GS X. her­an­ge­zo­ge­ne Ver­gleichs­prei­se sind den Re­kur­ren­ten grund­sätz­lich of­fen­zu­le­gen; es gel­ten dabei die unter Ziff. 4.7 vor­ste­hend er­läu­ter­ten Ein­schrän­kun­gen.

(…)

Ur­teil des Ver­wal­tungs­ge­richts vom 19. No­vem­ber 2019, A 2018 26
Das Ur­teil ist rechts­kräf­tig.

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