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Rück­erstat­tung der Ver­rech­nungs­steu­er

Re­ges­te:

Art. 23 Abs. 2 VStG – Keine Ver­wir­kung des Rück­erstat­tungs­an­spruchs der Ver­rech­nungs­steu­erbei fahr­läs­si­ger  Nicht­de­kla­ra­ti­on von Ein­kom­men oder Ver­mö­gen (Erw. 2d).
§ 120 Abs. 2 StG –  Er­kennt das Ver­wal­tungs­ge­richt in einem Ver­fah­ren, bei dem es um die Ver­wir­kung des Rück­erstat­tungs­an­spruchs der  Ver­rech­nungs­steu­er geht, dass eine steu­er­pflich­ti­ge Per­son Ein­kom­men oder Ver­mö­gen bloss fahr­läs­sig nicht de­kla­riert hat, hat sie keine un­nö­ti­gen Kos­ten im Sinne von § 120 Abs. 2 StG ver­ur­sacht, womit sie die Ge­richts­kos­ten nicht über­neh­men muss (Erw. 4c).
Art. 70d VStG – Dies gilt auch für nach dem 1. Ja­nu­ar 2019 hän­gi­ge Ver­fah­ren, die sich noch unter der Rechts­la­ge von vor dem 1. Ja­nu­ar 2019 ab­ge­spielt haben (Erw. 4d).
§ 120 Abs. 3 StG – In Ver­fah­ren, bei denen es um die Ver­wir­kung des Rück­erstat­tungs­an­spruchs geht, hat eine vor Ge­richt ob­sie­gen­de steu­er­pflich­ti­ge Per­son, die durch eine Fach­per­son ver­tre­ten wurde, An­spruch auf Zu­spra­che einer Par­tei­ent­schä­di­gung (Erw. 4g/aa).

Aus dem Sach­ver­halt:

A. ist Steu­er­ver­tre­ter der R. AG und ihres Al­lein­ak­tio­närs R. Der Steu­er­ver­tre­ter un­ter­liess es, in der Steu­er­erklä­rung 2015 von R. die ge­mäss Ge­ne­ral­ver­samm­lungs­be­schluss der R. AG vom 2. Juni 2015 an den Al­lein­ak­tio­när aus­be­zahl­te Di­vi­den­de von Fr. 50'000.– an­zu­ge­ben. Auf­ge­führt in der Steu­er­erklä­rung wurde al­ler­dings der Ver­mö­gens­steu­er­wert der Ak­ti­en der R. AG von Fr. 223'000.–. Am 3. Juni 2015 reich­te der Steu­er­ver­tre­ter A. im Auf­trag der R. AG das For­mu­lar 103 der eid­ge­nös­si­schen Steu­er­ver­wal­tung (EStV) ein und mel­de­te darin die Di­vi­den­den­zah­lung an R., wor­auf die R. AG eine Ver­rech­nungs­steu­er von Fr. 17'500.– (35 % von Fr. 50'000.–) ab­führ­te. Die Steu­er­ver­wal­tung des Kan­tons Zug be­merk­te in der Folge die un­ter­las­se­ne De­kla­ra­ti­on der Di­vi­den­den­zah­lung in der Steu­er­erklä­rung von R. und er­höh­te in der Ver­an­la­gung vom 5. Ok­to­ber 2016 den Wert­schrif­ten­er­trag 2015 ent­spre­chend um Fr. 50'000.–. Mit Ent­scheid vom glei­chen Tag setz­te sie zudem den An­spruch des Steu­er­pflich­ti­gen auf Rück­erstat­tung der Ver­rech­nungs­steu­er 2015 auf Fr. 1'058.40 fest, ohne dabei die von der R. AG an die ESTV ab­ge­führ­ten Fr. 17'500.– zu be­rück­sich­ti­gen. Mit Schrei­ben vom 20. Ok­to­ber 2016 wand­te sich der Steu­er­ver­tre­ter an die Steu­er­ver­wal­tung und er­klär­te, dass die Nicht­de­kla­ra­ti­on der Di­vi­den­de sein Feh­ler ge­we­sen sei. Dem Schrei­ben bei­gelegt war eine Kopie der Di­vi­den­den­de­kla­ra­ti­on an die EStV vom 3. Juni 2015 sowie eine kor­ri­gier­te Steu­er­de­kla­ra­ti­on 2015. Die Steu­er­ver­wal­tung be­trach­te­te das Schrei­ben als Ein­spra­che gegen den Rück­erstat­tungs­ent­scheid, wies diese am 16. No­vem­ber 2016 ab und be­stä­tig­te den Rück­erstat­tungs­an­spruch von Fr. 1'058.40.

Mit Be­schwer­de vom 9. De­zem­ber 2016 beim Ver­wal­tungs­ge­richt ver­lang­te R. die Er­hö­hung des Rück­erstat­tungs­an­spruchs um Fr. 17'500.–, gleich­zei­tig er­such­te er um eine Ver­fah­rens­sis­tie­rungs­sis­tie­rung bis das Bun­des­par­la­ment das Ver­rech­nungs­steu­er­ge­setz re­vi­diert habe. Der Ge­setz­ge­ber sei daran, die be­stehen­de un­kla­re Rechts­la­ge be­züg­lich des Rück­erstat­tungs­an­spruchs der Ver­rech­nungs­steu­er bei ver­se­hent­lich oder fahr­läs­sig nicht de­kla­rier­ten Ein­künf­ten zu kor­ri­gie­ren. Am 6. Sep­tem­ber 2017 sis­tier­te der Vor­sit­zen­de das Ver­fah­ren auf un­be­stimm­te Zeit, längs­tens aber bis zum 31. De­zem­ber 2018. Nach­dem sich das Par­la­ment am 28. Sep­tem­ber 2018 auf eine Än­de­rung des Ver­rech­nungs­steu­er­ge­set­zes ver­stän­di­gen konn­te und die für die­ses Ver­fah­ren mass­ge­ben­den Art. 23 Abs. 2 VStG und Art. 70d VStG nach un­be­nütz­tem Ab­lauf der Re­fe­ren­dums­frist am 17. Ja­nu­ar 2019 rück­wir­kend auf den 1. Ja­nu­ar 2019 in Kraft ge­setzt wur­den (AS 2019 433 436), for­der­te das Ver­wal­tungs­ge­richt die Steu­er­ver­wal­tung und die EStV am 11. Fe­bru­ar 2019 auf, sich zur ver­än­der­ten Rechts­la­ge zu äus­sern und ent­spre­chend An­trag zu stel­len. So­wohl die Steu­er­ver­wal­tung als auch die EStV be­an­trag­ten in der Folge Gut­heis­sung der Be­schwer­de, je­doch unter Kos­ten­fol­gen zu Las­ten des Be­schwer­de­füh­rers. Der Be­schwer­de­füh­rer stell­te sich mit Stel­lung­nah­me vom 23. April 2019 auf den Stand­punkt, dass er die Ver­fah­rens­kos­ten nicht zu über­neh­men habe.

Aus den Er­wä­gun­gen:

1. Gegen Ein­spra­che­ent­schei­de des kan­to­na­len Ver­rech­nungs­steu­er­am­tes be­tref­fend Rück­erstat­tung der Ver­rech­nungs­steu­er kann in­nert 30 Tagen nach der Er­öff­nung bei der kan­to­na­len Re­kurs­kom­mis­si­on schrift­lich Be­schwer­de er­ho­ben wer­den (Art. 54 Abs. 1 Satz 1 des Bun­des­ge­set­zes über die Ver­rech­nungs­steu­er vom 13. Ok­to­ber 1965 [Ver­rech­nungs­steu­er­ge­setz, VStG, SR 642.21]). Ge­mäss § 50 Abs. 2 der Ver­ord­nung zum Steu­er­ge­setz vom 30. Ja­nu­ar 2001 (StV, BGS 632.11) übt das Ver­wal­tungs­ge­richt als ein­zi­ge Be­schwer­de­in­stanz die Funk­ti­on als Steu­er­re­kurs­kom­mis­si­on im Be­reich der Ver­rech­nungs­steu­er aus. Das Ver­wal­tungs­ge­richt ist somit sach­lich zu­stän­dig, um die am 9. De­zem­ber 2016 er­ho­be­ne Be­schwer­de gegen den Ein­spra­che­ent­scheid der kan­to­na­len Steu­er­ver­wal­tung vom 16. No­vem­ber 2016 be­tref­fend Rück­erstat­tung der Ver­rech­nungs­steu­er 2015 zu be­han­deln. Die Be­schwer­de wurde frist­ge­recht ein­ge­reicht. Sie ent­hält fer­ner einen An­trag und eine Be­grün­dung (Art. 54 Abs. 1 Satz 2 VStG). Auf die Be­schwer­de ist somit ein­zu­tre­ten.

2. a) Die Re­kurs­kom­mis­si­on trifft die er­for­der­li­chen Un­ter­su­chungs­mass­nah­men; die Ar­ti­kel 48-50 des Ver­rech­nungs­steu­er­ge­set­zes fin­den sinn­ge­mäss An­wen­dung (Art. 54 Abs. 2 VStG). Die Re­kurs­kom­mis­si­on trifft den Be­schwer­de­ent­scheid auf Grund des Er­geb­nis­ses ihrer Un­ter­su­chung ohne Bin­dung an die ge­stell­ten An­trä­ge (Art. 54 Abs. 5 VStG). Die kan­to­na­len Be­hör­den kön­nen von den ihnen als Ver­an­la­gungs­be­hör­de ein­ge­räum­ten Be­fug­nis­sen Ge­brauch ma­chen (Art. 50 Abs. 3 VStG). Be­schwer­den gegen Bun­des­steu­ern, die das Ver­wal­tungs­ge­richt zu be­ur­tei­len hat, wer­den wie kan­to­na­le Steu­er­strei­tig­kei­ten be­han­delt, unter Vor­be­halt ab­wei­chen­der und er­gän­zen­der Vor­schrif­ten des Bun­des­rechts (§ 75 Abs. 2 des Ge­set­zes über den Rechts­schutz in Ver­wal­tungs­sa­chen vom 1. April 1976 [Ver­wal­tungs­rechts­pfle­ge­ge­setz, VRG, BGS 162.1]) i.V.m. § 75 Abs. 1 VRG).

b) Die Ver­rech­nungs­steu­er wird an der Quel­le er­ho­ben. Steu­er­pflich­tig ist der Schuld­ner der steu­er­ba­ren Leis­tung (Art. 10 Abs. 1 VStG). Er hat die Leis­tung bei der Aus­zah­lung, Über­wei­sung, Gut­schrift oder Ver­rech­nung ohne Rück­sicht auf die Per­son des Gläu­bi­gers um den Steu­er­be­trag zu kür­zen (Art. 14 VStG). Der Emp­fän­ger der um die Steu­ern ge­kürz­ten Leis­tung kann aber nach Mass­ga­be des Ge­set­zes die Rück­erstat­tung der Ver­rech­nungs­steu­er ver­lan­gen. Vor­aus­set­zung ist, dass die mit der Ver­rech­nungs­steu­er be­las­te­ten Ein­künf­te im Sinne von Art. 23 VStG ord­nungs­ge­mäss de­kla­riert wer­den.

c) Bis zum 31. De­zem­ber 2018 war für die De­kla­ra­ti­ons­pflicht die Be­stim­mung von Art. 23 VStG in der Fas­sung vom 13. Ok­to­ber 1965 mass­ge­bend, wel­che im Üb­ri­gen heute als Art. 23 Abs. 1 VStG noch in Kraft steht. Die Re­ge­lung lau­tet wie folgt: Wer mit der Ver­rech­nungs­steu­er be­las­te­te Ein­künf­te oder Ver­mö­gen, wor­aus sol­che Ein­künf­te flies­sen, ent­ge­gen ge­setz­li­cher Vor­schrift der zu­stän­di­gen Steu­er­be­hör­de nicht an­gibt, ver­wirkt den An­spruch auf Rück­erstat­tung der von die­sen Ein­künf­ten ab­ge­zo­ge­nen Ver­rech­nungs­steu­er. Ge­stützt auf diese Be­stim­mung war eine ord­nungs­ge­mäs­se (d.h. spon­ta­ne) De­kla­ra­ti­on von Ein­künf­ten nicht mehr mög­lich, so­bald die Steu­er­be­hör­de in Bezug auf nicht de­kla­rier­te Ein­künf­te, die der Ver­rech­nungs­steu­er un­ter­lie­gen, in­ter­ve­nier­te (vgl. Kreis­schrei­ben Nr. 40 [KS 40], Ziff. 1 und 3.2 mit Hin­weis auf die bun­des­ge­richt­li­che Recht­spre­chung zu Art. 23 VStG). Dabei ver­wirk­te der An­spruch auf Rück­erstat­tung der Ver­rech­nungs­steu­er ge­mäss bun­des­ge­richt­li­cher Recht­spre­chung be­reits bei leich­ter Fahr­läs­sig­keit (vgl. BGer 2C_85/2015 des Bun­des­ge­richts vom 16. Sep­tem­ber 2015, E. 2.5 und E. 3.4 mit Hin­wei­sen).

d) Am 28. Sep­tem­ber 2018 ver­ab­schie­de­ten die Eid­ge­nös­si­schen Räte eine Än­de­rung des Ver­rech­nungs­steu­er­ge­set­zes; ins­be­son­de­re wurde Art. 23 VStG ein Ab­satz 2 an­ge­fügt, wel­cher be­stimm­te Vor­aus­set­zun­gen nennt, bei deren Ein­tref­fen die Ver­wir­kung des An­spruchs auf Rück­erstat­tung der Ver­rech­nungs­steu­er aus­nahms­wei­se nicht ein­tritt. Der Ab­satz lau­tet fol­gen­der­mas­sen: Die Ver­wir­kung tritt nicht ein, wenn die Ein­künf­te oder Ver­mö­gen in der Steu­er­erklä­rung fahr­läs­sig nicht an­ge­ge­ben wur­den und in einem noch nicht rechts­kräf­tig ab­ge­schlos­se­nen Veranlagungs-​, Revisions-​ oder Nach­steu­er­ver­fah­ren: a. nach­träg­lich an­ge­ge­ben wer­den; oder b. von der Steu­er­be­hör­de aus ei­ge­ner Fest­stel­lung zu den Ein­künf­ten oder Ver­mö­gen hin­zu­ge­rech­net wer­den. Eine Über­gangs­re­ge­lung in Art. 70d VStG be­stimmt zu­sätz­lich, dass der neue Art. 23 Abs. 2 VStG für An­sprü­che gilt, die seit dem 1. Ja­nu­ar 2014 ent­stan­den sind, so­fern über den An­spruch auf Rück­erstat­tung der Ver­rech­nungs­steu­er noch nicht rechts­kräf­tig ent­schie­den wor­den ist.

3. Der Sach­ver­halt ist weit­ge­hend un­be­strit­ten. Dem­nach hat der Be­schwer­de­füh­rer ver­rech­nungs­steu­er­be­las­te­te Ein­künf­te, kon­kret die an ihn er­folg­te Di­vi­den­den­zah­lung der R. AG von Fr. 50'000.– in der Steu­er­erklä­rung 2015 nicht an­ge­ge­ben und im wei­te­ren Ver­lauf des Ver­an­la­gungs­ver­fah­rens auch nicht von sich aus nach­de­kla­riert. Die Be­rück­sich­ti­gung der Di­vi­den­de in der Ver­an­la­gung er­folg­te viel­mehr im Zuge einer Kon­trol­le der kan­to­na­len Steu­er­ver­wal­tung. Unter der bis zum 31. De­zem­ber 2018 herr­schen­den Rechts­la­ge wäre der Rück­erstat­tungs­an­spruch da­mals wohl ver­wirkt ge­we­sen, wobei die­ser Punkt auf­grund der zuvor be­schrie­be­nen Ge­set­zes­re­vi­si­on nicht mehr ab­schlies­send ge­klärt wer­den muss. Statt­des­sen sind nun die Vor­aus­set­zun­gen des neu ein­ge­füg­ten Art. 23 Abs. 2 VStG zu prü­fen.

a) Das Er­for­der­nis von Art. 23 Abs. 2 lit. b VStG ist auf­grund des Sach­ver­halts ohne wei­te­res er­füllt: Das Ver­an­la­gungs­ver­fah­ren der Steu­er­pe­ri­ode 2015 war beim Be­schwer­de­füh­rer noch nicht rechts­kräf­tig ab­ge­schlos­sen, als die Steu­er­be­hör­de aus ei­ge­ner Fest­stel­lung ver­rech­nungs­steu­er­be­las­te­te Ein­künf­te in der Höhe von Fr. 50'000.– dem steu­er­ba­ren Ein­kom­men des Be­schwer­de­füh­rers hin­zu­rech­ne­te. Fer­ner tref­fen die Vor­aus­set­zun­gen der Über­gangs­be­stim­mung Art. 70d VStG auf den Sach­ver­halt zu: Der Streit be­trifft einen An­spruch, der nach dem 1. Ja­nu­ar 2014 ent­stan­den ist. Aus­ser­dem ist über die­sen An­spruch noch nicht rechts­kräf­tig ent­schie­den wor­den.

b) Somit ist nur noch dar­über zu ent­schei­den, ob der Be­schwer­de­füh­rer die ver­rech­nungs­steu­er­be­las­te­te Di­vi­den­de fahr­läs­sig nicht de­kla­riert hat.

b/aa) So­wohl die kan­to­na­le Steu­er­ver­wal­tung als auch die EStV sind der An­sicht, dass das Han­deln des Be­schwer­de­füh­rers bzw. das sei­nes Steu­er­ver­tre­ters als fahr­läs­sig ein­zu­stu­fen ist. Wie die Steu­er­ver­wal­tung rich­tig fest­stellt, wird der Be­griff der Fahr­läs­sig­keit im Ver­rech­nungs­steu­er­recht nicht näher de­fi­niert. In den Ma­te­ria­len zur Ge­set­zes­re­vi­si­on fin­den sich An­halts­punk­te zum Be­deu­tungs­in­halt so­wohl in der Bot­schaft des Bun­des­ra­tes wie auch in der par­la­men­ta­ri­schen De­bat­te. In der Bot­schaft wird dabei auf das Bun­des­ge­richts­ur­teil 2A.299/2004 vom 13. De­zem­ber 2004 E. 4.3 ver­wie­sen (BBl 2018 2325, 2341). In die­sem Ent­scheid, in dem es um den Ver­wir­kungs­tat­be­stand in Art. 23 VStG nach alter Rechts­la­ge ging, prüf­te das Bun­des­ge­richt die Nicht­de­kla­ra­ti­on von Ein­künf­ten aus einem Ver­kauf von Par­ti­zi­pa­ti­ons­schei­nen unter dem Aspekt der Fahr­läs­sig­keit und um­schrieb die­sen Be­griff dabei im We­sent­li­chen mit der Le­gal­de­fi­ni­ti­on von Art. 12 Abs. 3 des Schwei­ze­ri­schen Straf­ge­setz­bu­ches vom 21. De­zem­ber 1937 (StGB, SR 311.0). Dem­zu­fol­ge han­delt fahr­läs­sig im Sinne des VStG, wer die Fol­gen sei­nes Ver­hal­tens aus pflicht­wid­ri­ger Un­vor­sich­tig­keit nicht be­dacht oder dar­auf nicht Rück­sicht ge­nom­men hat. Pflicht­wid­rig ist die Un­vor­sich­tig­keit, wenn der Be­tref­fen­de die Vor­sicht nicht be­ach­tet, zu der er nach den Um­stän­den und nach sei­nen per­sön­li­chen Ver­hält­nis­sen ver­pflich­tet ist. In der De­bat­te des erst­be­ra­ten­den Na­tio­nal­rats ver­deut­lich­te Bun­des­rat Mau­rer, der die Re­vi­si­ons­vor­la­ge ge­gen­über dem Par­la­ment na­mens des Bun­des­rats ver­trat, eine fahr­läs­si­ge Un­ter­las­sung im Sinne der neuen Be­stim­mung mit einem Bei­spiel wie folgt: "Wenn beim Aus­fül­len einer Steu­er­erklä­rung ein Feh­ler un­ter­läuft, soll trotz­dem die Ver­rech­nungs­steu­er zu­rück­er­stat­tet wer­den." Etwas spä­ter im Votum sub­su­mier­te er unter Fahr­läs­sig­keit Un­ter­las­sun­gen, die auf ein Ver­se­hen oder auf Ver­gess­lich­keit zu­rück­zu­füh­ren seien (Amt­li­ches Bul­le­tin 2018 N 623 f., Ge­schäft 18.030). In der De­bat­te des zweit­be­ra­ten­den Stän­de­rats äus­ser­te sich Pir­min Bi­schof (als Spre­cher der vor­be­ra­ten­den Kom­mis­si­on) da­hin­ge­hend, dass es bei Art. 23 Abs. 2 VStG um Fälle gehe, in denen eine steu­er­pflich­ti­ge Per­son es ein­mal un­ter­las­sen habe, etwas zu de­kla­rie­ren. Vor­sätz­li­che Nicht­de­kla­ra­tio­nen seien von der neuen Be­stim­mung nicht er­fasst (Amt­li­ches Bul­le­tin 2018 S 595, Ge­schäft 18.030). Stän­de­rat Erich Ett­lin er­gänz­te spä­ter, Fahr­läs­sig­keit be­deu­te, dass man sich nicht be­wusst sei, einen Feh­ler ge­macht zu haben, sonst wäre es ja ein Vor­satz (Amt­li­ches Bul­le­tin 2018 S 596, Ge­schäft 18.030).

b/bb) Hier hat der Be­schwer­de­füh­rer seine Steu­er­erklä­rung durch einen Steu­er­ver­tre­ter aus­fül­len und ein­rei­chen las­sen. Die Hand­lun­gen des Ver­tre­ters gel­ten daher als seine ei­ge­nen. Auf­grund der kon­kre­ten Um­stän­de ist zu un­ter­su­chen, ob der Steu­er­ver­tre­ter bloss fahr­läs­sig oder be­reits vor­sätz­lich ge­han­delt hat. Di­rek­ter Vor­satz, das heisst dass der Steu­er­ver­tre­ter mit Wis­sen und Wil­len die Di­vi­den­den­zah­lung in der Steu­er­erklä­rung nicht an­ge­ge­ben hätte (vgl. Trech­sel / Pieth [Hrsg.], Schwei­ze­ri­sches Straf­ge­setz­buch, Pra­xis­kom­men­tar, 3. Aufl., Zü­rich / St. Gal­len 2018, Art. 12 N 3), kann zum Vorn­her­ein aus­ge­schlos­sen wer­den. Auch ein Even­tu­al­vor­satz, d.h. dass der Steu­er­ver­tre­ter die un­voll­stän­di­ge Di­vi­den­den­de­kla­ra­ti­on ernst­haft für mög­lich ge­hal­ten, diese aber in Kauf ge­nom­men hätte (vgl. Trech­sel / Pieth, a.a.O., Art. 12 N 13), er­scheint höchst un­wahr­schein­lich. Dafür spricht ins­be­son­de­re, dass der Steu­er­ver­tre­ter wohl kein per­sön­li­ches In­ter­es­se an einer un­voll­stän­dig aus­ge­füll­ten Steu­er­erklä­rung sei­nes Kli­en­ten hatte. Das Ge­gen­teil dürf­te ziem­lich si­cher der Fall ge­we­sen sein. Die ge­sam­ten Um­stän­de spre­chen aus­ser­dem dafür, dass dem Steu­er­ver­tre­ter ein pro­fes­sio­nel­ler Feh­ler un­ter­lau­fen sein muss. Dabei fällt vor allem ins Ge­wicht, dass er die Di­vi­den­den­zah­lung der R. AG an den Be­schwer­de­füh­rer der EStV ord­nungs­ge­mäss mel­de­te (…). Nach über­stim­men­der Dar­stel­lung der kan­to­na­len Steu­er­ver­wal­tung und der EStV hatte er fer­ner die Be­tei­li­gung des Be­schwer­de­füh­rers an der R. AG in den Vor­jah­ren samt Zah­lung von Brut­to­di­vi­den­den je­weils kor­rekt im Wert­schrif­ten­ver­zeich­nis de­kla­riert (VG Act. 21, S. 4; VG Act. 24, S. 6). Mit den Be­schwer­de­geg­nern kommt das Ge­richt somit zum Schluss, dass der Be­schwer­de­füh­rer in der Steu­er­erklä­rung 2015 die De­kla­ra­ti­on der Di­vi­den­de von Fr. 50'000.– aus Fahr­läs­sig­keit un­ter­liess.

c) Somit sind alle Vor­aus­set­zun­gen zur An­wen­dung von Art. 23 Abs. 2 VStG er­füllt. Die Rück­erstat­tung der Ver­rech­nungs­steu­er ist dem Be­schwer­de­füh­rer nach neuem Recht zu ge­wäh­ren. Die Be­schwer­de ist in Über­ein­stim­mung mit allen Par­tei­en im Haupt­punkt gut­zu­heis­sen.

4. Strit­tig unter den Par­tei­en sind die Kos­ten­fol­gen und die et­wa­ige Aus­rich­tung einer Par­tei­ent­schä­di­gung. Der Be­schwer­de­füh­rer ist der Mei­nung, dass die Ver­fah­rens­kos­ten den Be­schwer­de­geg­nern auf­zu­er­le­gen seien und dass ihm eine Par­tei­ent­schä­di­gung zu­zu­spre­chen sei. Die Steu­er­ver­wal­tung und die EStV be­an­tra­gen eine Auf­er­le­gung der Kos­ten zu Las­ten des Be­schwer­de­füh­rers und ver­nei­nen des­sen An­spruch auf eine Par­tei­ent­schä­di­gung.

a) Es ist zu­nächst zu klä­ren, ge­stützt auf wel­cher Rechts­grund­la­ge der Ent­scheid zu den Ver­fah­rens­kos­ten und der Par­tei­ent­schä­di­gung zu er­ge­hen hat.

a/aa) Ar­ti­kel 54 VStG re­gelt das Ver­fah­ren vor der kan­to­na­len Re­kurs­kom­mis­si­on gegen Rück­erstat­tungs­ent­schei­de der kan­to­na­len Steu­er­be­hör­den. Dort, aber auch an an­de­ren Stel­len des VStG, fin­den sich aber keine Vor­schrif­ten zu den Kos­ten und der Par­tei­ent­schä­di­gung in die­sem Ver­fah­ren. Ar­ti­kel 55 VStG lässt aus­drück­lich zu, dass sich das Einsprache-​ und das Be­schwer­de­ver­fah­ren nach den für die An­fech­tung und Über­prü­fung der Steu­er­ver­an­la­gung mass­ge­ben­den kan­to­na­len Ver­fah­rens­vor­schrif­ten rich­tet, wenn eine ent­spre­chen­de Rechts­grund­la­ge im kan­to­na­len Recht exis­tiert und der Ent­scheid über die Rück­erstat­tung mit einer Ver­an­la­gungs­ver­fü­gung ver­bun­den wor­den ist.

a/bb) In § 75 Abs. 2 VRG i.V.m. § 75 Abs. 1 VRG wird be­stimmt, dass Be­schwer­den gegen Bun­des­steu­ern, die das Ver­wal­tungs­ge­richt zu be­ur­tei­len hat, wie kan­to­na­le Steu­er­strei­tig­kei­ten be­han­delt wer­den, unter Vor­be­halt ab­wei­chen­der und er­gän­zen­der Vor­schrif­ten des Bun­des­rechts. Es gibt somit eine kan­to­nal­recht­li­che Be­stim­mung, um die Be­schwer­de­ver­fah­ren nach Art. 58 Abs. 2 VStG auf der Grund­la­ge kan­to­na­ler Ge­set­ze zu füh­ren, so­fern ein be­stimm­ter Aspekt des Ver­fah­rens nicht schon sel­ber im Ver­rech­nungs­steu­er­ge­setz sel­ber ge­re­gelt ist. Bei kan­to­na­len Steu­er­strei­tig­kei­ten wird das Ver­fah­ren in ers­ter Linie durch das Steu­er­ge­setz vom 25. Mai 2000 (StG, BGS 632.1) als Spe­zi­al­ge­setz ge­re­gelt. Für dort nicht be­han­del­te Fra­gen ver­weist es auf das VRG, wel­ches sinn­ge­mäss an­zu­wen­den sei (§ 121 Abs. 1 StG).

a/cc) Stellt man al­ler­dings auf den Wort­laut von Art. 55 VStG ab, dann wäre die sub­si­diä­re An­wen­dung von kan­to­na­lem Recht nur dann mög­lich, wenn der Ent­scheid über den Rück­erstat­tungs­an­spruch mit einer Ver­an­la­gungs­ver­fü­gung ver­bun­den wurde. Im vor­lie­gen­den Fall wur­den der Veranlagungs-​ und Rück­erstat­tungs­ent­scheid zwar am glei­chen Tag ver­sen­det, doch wur­den die Ent­schei­de nicht mit­ein­an­der ver­bun­den. Wie aus den Akten er­sicht­lich gab es zwei Ver­fü­gun­gen, wobei der Steu­er­ver­tre­ter Adres­sat des Ver­an­la­gungs­ent­scheids war und der Be­schwer­de­füh­rer den Rück­erstat­tungs­ent­scheid di­rekt er­hielt (Rek. Act. 4 und 6). In der Li­te­ra­tur wird die An­sicht ver­tre­ten, dass nicht ein­zu­se­hen sei, warum ab­wei­chen­de Ver­fah­rens­vor­schrif­ten für Einsprache-​ und Be­schwer­de­ver­fah­ren vor­zu­se­hen seien, wenn die Rück­erstat­tung aus­ser­halb des Ver­an­la­gungs­ver­fah­rens vor­ge­se­hen sei (Knü­sel, in: Zwei­fel / Beusch / Bauer-​Balmelli: Bun­des­ge­setz über die Ver­rech­nungs­steu­er, Kom­men­tar zum Schwei­ze­ri­schen Steu­er­recht, 2. Aufl., Basel 2012, Art. 55 N 2). Das Ge­richt schliesst sich die­ser An­sicht an, womit im vor­lie­gen­den Fall bei den Kos­ten­fol­gen und der Par­tei­ent­schä­di­gung in ers­ter Linie auf die Vor­schrif­ten im kan­to­na­len Steu­er­ge­setz ab­zu­stel­len ist und in zwei­ter Linie auf das VRG.

b) Pa­ra­graph 120 Abs. 1 StG be­stimmt, dass die amt­li­chen Kos­ten des Re­kurs­ver­fah­rens (vor Ver­wal­tungs­ge­richt) der un­ter­lie­gen­den Par­tei ganz bzw. bei teil­wei­ser Gut­heis­sung im Ver­hält­nis des Un­ter­lie­gens auf­zu­er­le­gen sind. Ge­mäss Ab­satz 2 der Be­stim­mung wer­den der ob­sie­gen­den steu­er­pflich­ti­gen Per­son die Kos­ten ganz oder teil­wei­se auf­er­legt, wenn sie bei pflicht­ge­mäs­sem Ver­hal­ten schon im Veranlagungs-​ oder Ein­spra­che­ver­fah­ren zu ihrem Recht ge­kom­men wäre. Wei­ter be­stimmt Ab­satz 3, dass der ob­sie­gen­den steu­er­pflich­ti­gen Per­son für die Ver­tre­tung durch eine Fach­per­son eine an­ge­mes­se­ne Ent­schä­di­gung zu­ge­spro­chen wird. Schliess­lich ist Ab­satz 4 zu ent­neh­men, dass von einer Kos­ten­auf­la­ge ab­ge­se­hen wer­den kann, wenn be­son­de­re Ver­hält­nis­se es recht­fer­ti­gen.

c) Vor­lie­gend lies­se sich mit ei­ni­gem Recht ar­gu­men­tie­ren, dass der nun­mehr ob­sie­gen­de Be­schwer­de­füh­rer ohne Er­grei­fung eines Rechts­mit­tels zu sei­nem Recht ge­kom­men wäre, wenn sein Ver­tre­ter die Steu­er­erklä­rung ord­nungs­ge­mäss aus­ge­füllt hätte, wozu er ja ver­pflich­tet ge­we­sen wäre (vgl. § 125 Abs. 2 StG). In die­sem Falle hätte der Be­schwer­de­füh­rer die Ver­rech­nungs­steu­er auf die Di­vi­den­den­zah­lung von Fr. 50'000.– näm­lich ohne Wei­te­res zu­rück­er­hal­ten. Doch ver­kennt diese Sicht­wei­se Sinn und Zweck des neuen Art. 23 Abs. 2 VStG, in wel­chem der Ge­setz­ge­ber aus­drück­lich be­stimmt hat, dass ein fahr­läs­si­ges Nicht­de­kla­rie­ren von ver­rech­nungs­steu­er­be­las­te­ten Ein­künf­ten einem Steu­er­pflich­ti­gen nicht zum Scha­den ge­rei­chen soll. In Zu­kunft dürf­ten sich Recht­strei­tig­kei­ten im Zu­sam­men­hang mit die­ser neuen Be­stim­mung daher im We­sent­li­chen um die Frage dre­hen, ob ein Steu­er­pflich­ti­ger in der Steu­er­erklä­rung eine ver­rech­nungs­steu­er­be­las­te­te Ein­kunft bloss fahr­läs­sig oder mit Ab­sicht bzw. even­tual­ab­sicht­lich nicht an­ge­ge­ben hat. Soll­te das Ver­wal­tungs­ge­richt dabei auf Fahr­läs­sig­keit er­ken­nen, müss­ten bei kon­se­quen­ter An­wen­dung von § 120 Abs. 2 StG einem Be­schwer­de­füh­rer trotz Ob­sie­gens die Kos­ten des Ver­fah­rens auf­er­legt wer­den. Dies würde aber zum stos­sen­den Er­geb­nis füh­ren, dass ein Be­schwer­de­füh­rer in sol­chen Ver­fah­ren un­ge­ach­tet des Aus­gangs die Ge­richts­kos­ten immer über­neh­men müss­te. Dies kann je­doch nicht die Ab­sicht des Ge­setz­ge­bers ge­we­sen sein. Dar­aus ist der Schluss zu zie­hen, dass in Be­schwer­de­ver­fah­ren nach Art. 54 Abs. 1 VStG, d.h. bei Be­schwer­den gegen Rück­erstat­tungs­ent­schei­de be­tref­fend die Ver­rech­nungs­steu­er, § 120 Abs. 2 StG ge­gen­über dem ob­sie­gen­den Steu­er­pflich­ti­gen nicht an­zu­wen­den ist, wenn das Ge­richt zum Schluss kommt, dass die Vor­in­stanz Art. 23 Abs. 2 VStG zu Un­recht nicht an­ge­wen­det hat.

d) Der Sach­ver­halt, der zum vor­lie­gen­den Ver­fah­ren führ­te, spiel­te sich zwar noch unter alter Rechts­la­ge ab, und es ging im Rechts­streit nicht um die Frage, ob der Be­schwer­de­füh­rer seine Ver­fah­rens­pflich­ten fahr­läs­sig oder ab­sicht­lich miss­ach­tet hatte. Doch weist der Be­schwer­de­füh­rer zu Recht auf die Rück­wir­kungs­klau­sel in Art. 70d VStG hin. Der Ge­setz­ge­ber hat diese Rück­wir­kung ent­ge­gen der Vor­be­hal­te von Bun­des­rat Ueli Mau­rer in der par­la­men­ta­ri­schen De­bat­te (Amt­li­ches Bul­le­tin 2018 N 624, Ge­schäft 18.030) aus­drück­lich so be­schlos­sen, ins­be­son­de­re hat er sie mit kei­nen ein­schrän­ken­den Klau­seln be­züg­lich der Kos­ten­auf­la­ge in den noch hän­gi­gen Be­schwer­de­ver­fah­ren ver­se­hen. Es ver­mag auch nicht ein­zu­leuch­ten, wes­halb der Be­schwer­de­füh­rer des vor­lie­gen­den Ver­fah­rens bei den Ver­fah­rens­kos­ten an­ders be­han­delt wer­den soll­te, als Be­schwer­de­füh­rer, wel­che die De­kla­ra­ti­on von ver­rech­nungs­steu­er­be­las­te­ten Di­vi­den­den nach dem 1. Ja­nu­ar 2019 fahr­läs­sig un­ter­las­sen haben. Dem von der Rück­wir­kungs­klau­sel un­ein­ge­schränkt pro­fi­tie­ren­den Be­schwer­de­füh­rer sind kon­se­quen­ter­wei­se somit keine Ver­fah­rens­kos­ten auf­zu­er­le­gen, und es ist ihm der ge­leis­te­te Kos­ten­vor­schuss von Fr. 2'000.– zu­rück­zu­zah­len.

e) An die­sem Er­geb­nis ver­mag im Üb­ri­gen die Ar­gu­men­ta­ti­on der Steu­er­ver­wal­tung nichts zu än­dern. Diese wirft dem Be­schwer­de­füh­rer unter Ab­stüt­zung auf § 23 Abs. 1 Ziff. 3 VRG vor, un­nö­tig Kos­ten ver­ur­sacht zu haben. Ab­ge­se­hen davon, dass für die Kos­ten­auf­la­ge hier das Steu­er­ge­setz zur An­wen­dung kommt und nicht das VRG, hat – re­tro­spek­tiv be­trach­tet – der von der Rück­wir­kungs­klau­sel pro­fi­tie­ren­de Be­schwer­de­füh­rer keine un­nö­ti­gen Kos­ten ver­ur­sacht. Der Ge­setz­ge­ber hat mit der Ge­set­zes­än­de­rung in Kauf ge­nom­men, dass Steu­er­pflich­ti­ge Rechts­mit­tel­ver­fah­ren aus­lö­sen kön­nen, wenn sie im Wert­schrif­ten­ver­zeich­nis ver­rech­nungs­steu­er­be­las­te­te Ein­künf­te nicht de­kla­rie­ren und sie des­halb die Ver­rech­nungs­steu­er nicht zu­rück­er­hal­ten. Wenn sich im Ver­lauf die­ser Ver­fah­ren her­aus­stellt, dass die un­ter­las­se­ne De­kla­ra­ti­on bloss fahr­läs­sig und nicht ab­sicht­lich er­folg­te, haben sie im Lich­te der neuen Be­stim­mung von Art. 23 Abs. 2 VStG gar keine un­nö­ti­gen Kos­ten ver­ur­sa­chen kön­nen. Die Ar­gu­men­ta­ti­on lau­tet mit­hin ähn­lich wie bei § 120 Abs. 2 StG. Auch der Um­stand, dass der Be­schwer­de­füh­rer Ein­spra­che er­ho­ben hat und an­schlies­send ans Ver­wal­tungs­ge­richt ge­langt ist, be­deu­tet nicht, dass er da­durch un­nö­tig Kos­ten ver­ur­sacht hätte. Wie er nach­voll­zieh­bar aus­führt, muss­te er diese Rechts­mit­tel er­grei­fen. Hätte er es nicht ge­macht, wäre sein An­spruch nach alter Rechts­la­ge be­ur­teilt wor­den und nun wohl ver­wirkt.

f) Es stellt sich die Frage, ob die Ge­richts­kos­ten der EStV an­ge­las­tet wer­den könn­ten, wel­che sich den An­trä­gen des Be­schwer­de­füh­rers bis zum In­kraft­tre­ten der neuen Ge­set­zes­be­stim­mun­gen wi­der­setz­te.

f/aa) Das Bun­des­ge­richt hat in einem Ver­fah­ren, wel­ches die di­rek­te Bun­des­steu­er be­traf, fest­ge­hal­ten, dass der Bei­zug der EStV in Ver­fah­ren gegen die kan­to­na­len Steu­er­be­hör­den in ers­ter Linie dazu diene, die Fach­kom­pe­tenz und die brei­ten Kennt­nis­se der EStV für eine um­strit­te­ne Ver­an­la­gung dienst­bar zu ma­chen. Die EStV könne ihre Stel­lung­nah­me auch mit An­trä­gen ver­bin­den, wie dies in Rechts­strei­tig­kei­ten üb­lich sei. Es würde aber zu weit füh­ren, aus so einer weit­ge­hend un­ter­stüt­zen­den Teil­nah­me ab­lei­ten zu wol­len, die EStV grei­fe als Par­tei in das Ver­fah­ren ein und über­neh­me das Kos­ten­ri­si­ko. Dies hies­se näm­lich den um­fas­sen­den Auf­trag der EStV zur Si­cher­stel­lung eines ein­heit­li­chen Voll­zugs zu ver­ken­nen. So­lan­ge die EStV nicht sel­ber Be­schwer­de er­he­be, sei sie nicht Par­tei. Ge­stützt auf diese Über­le­gun­gen folg­te das Bun­des­ge­richt dem ent­spre­chen­den An­trag der EStV, womit diese im vor­in­stanz­li­chen Ver­fah­ren keine Ver­fah­rens­kos­ten und Par­tei­ent­schä­di­gun­gen zu zah­len hatte (BGer 2C_200/2014 vom 4. Juni 2015 E. 3.2, 3.5 und 3.6).

f/bb) Bei der Rück­erstat­tung der Ver­rech­nungs­steu­er durch die Kan­to­ne räumt der Ge­setz­ge­ber der EStV eine ähn­li­che Stel­lung ein wie beim Voll­zug der Vor­schrif­ten der di­rek­ten Bun­des­steu­er durch die Kan­to­ne (vgl. Art. 34 Abs. 2 VStG mit Art. 102 Abs. 2 des Bun­des­ge­set­zes über die di­rek­te Bun­des­steu­er vom 14. De­zem­ber 1990 [DBG, SR 642.11]). In bei­den Fäl­len wird be­stimmt, dass die EStV für eine ein­heit­li­che An­wen­dung der Bun­des­vor­schrif­ten sorgt. Ent­spre­chend wird bei Be­schwer­de­ver­fah­ren vor der kan­to­na­len Re­kurs­kom­mis­si­on, wel­che die Rück­erstat­tung der Ver­rech­nungs­steu­er be­tref­fen, der EStV eine ähn­li­che Ver­fah­rens­stel­lung ein­ge­räumt wie bei Be­schwer­de­ver­fah­ren vor der kan­to­na­len Steu­er­re­kurs­kom­mis­si­on be­tref­fend die Ver­an­la­gung der di­rek­ten Bun­des­steu­er. In bei­den Fäl­len hat die Re­kurs­in­stanz – hier das Ver­wal­tungs­ge­richt – der EStV Ge­le­gen­heit zur Stel­lung­nah­me zu geben (vgl. Art. 54 Abs. 3 VStG und Art. 142 Abs. 1 DBG). In ana­lo­ger An­wen­dung der bun­des­ge­richt­li­chen Recht­spre­chung zum DBG ist somit die EStV, wel­che vor­lie­gend unter Ab­stüt­zung auf Art. 54 Abs. 3 VStG ihre Fach­mei­nung als Auf­sichts­in­stanz ein­ge­bracht hat, nicht als Par­tei zu qua­li­fi­zie­ren, wel­che das Kos­ten­ri­si­ko über­nimmt. Damit sind ihr keine Ge­richts­kos­ten auf­zu­er­le­gen. Im Üb­ri­gen ist sie auf­grund der glei­chen Über­le­gun­gen auch nicht zur Aus­rich­tung einer Par­tei­ent­schä­di­gung zu ver­pflich­ten. Der Steu­er­ver­wal­tung des Kan­tons Zug sind auf­grund von § 24 Abs. 1 VRG oh­ne­hin keine Ge­richts­kos­ten auf­zu­er­le­gen, da das Ver­wal­tungs­ge­richt und die Steu­er­ver­wal­tung dem glei­chen Ge­mein­we­sen an­ge­hö­ren.

g) Schliess­lich harrt die Frage nach Zu­spra­che einer Par­tei­ent­schä­di­gung einer Klä­rung.

g/aa) Der Be­schwer­de­füh­rer, der von einer Fach­per­son ver­tre­ten wurde, be­an­tragt die Zu­spra­che einer Par­tei­ent­schä­di­gung. Ge­mäss § 120 Abs. 3 StG würde diese Ent­schä­di­gung dem ob­sie­gen­den Be­schwer­de­füh­rer zu­ste­hen. Um zu be­grün­den, wes­halb es nicht an­ge­zeigt sei, dem Be­schwer­de­füh­rer eine Par­tei­ent­schä­di­gung zu­zu­spre­chen, ver­weist die Steu­er­ver­wal­tung auf die Li­te­ra­tur zu Art. 63 des Ver­wal­tungs­ver­fah­rens­ge­set­zes vom 20. De­zem­ber 1968 (VwVG, SR 172.021). Dies wohl des­halb, da die Be­stim­mung von Art. 144 Abs. 4 DBG, wel­che die Par­tei­ent­schä­di­gung bei Ver­fah­ren be­tref­fend die di­rek­te Bun­des­steu­er re­gelt, auf das VwVG ver­weist. Al­ler­dings hat die Steu­er­ver­wal­tung dabei über­se­hen, dass Art. 144 Abs. 4 DBG auf Art. 64 Abs. 1-3 VwVG ver­weist und nicht auf Art. 63 VwVG. In den Kom­men­ta­ren zu die­ser letzt­ge­nann­ten Be­stim­mung wer­den im Üb­ri­gen dif­fe­ren­zier­te An­sich­ten ver­tre­ten. Im von der Steu­er­ver­wal­tung zi­tier­ten Kom­men­tar führt der Autor aus, dass un­nö­tig ver­ur­sach­te Par­tei­kos­ten auch dem Ver­ur­sa­cher auf­er­legt wer­den könn­ten, ähn­lich wie bei den Ge­richts­kos­ten, die in Art. 63 VwVG ge­re­gelt seien (Mail­lard Mar­cel, in: Wald­mann / Weis­sen­ber­ger [Hrsg.], Pra­xis­kom­men­tar Ver­wal­tungs­ver­fah­rens­ge­setz, 2. Aufl., Zü­rich / Basel / Genf 2016, Art. 64 N 29). In einem an­de­ren Kom­men­tar steht al­ler­dings, dass einer ob­sie­gen­den Par­tei eine Par­tei­ent­schä­di­gung zu­ge­spro­chen wer­den müsse (Beusch Mi­cha­el, in: Auer / Mül­ler / Schind­ler [Hrsg.], Bun­des­ge­setz über das Ver­wal­tungs­ver­fah­ren, Kom­men­tar, 2. Aufl., Zü­rich / St. Gal­len 2019, Art. 64 N 9 und Art. 63 N 20). Ein Ab­wei­chen von die­sem so­ge­nann­ten Un­ter­lie­ger­prin­zip wird vom Ver­fas­ser die­ser Kom­men­tar­stel­le nicht dis­ku­tiert, und es wird auch keine Ana­lo­gie zu Art. 63 VwVG her­ge­stellt. Für die zu be­ant­wor­ten­de Frage er­schei­nen dem Ge­richt al­ler­dings die Aus­füh­run­gen zu Art. 144 Abs. 4 DBG im Kom­men­tar zum Bun­des­ge­setz über die di­rek­te Bun­des­steu­er der Her­aus­ge­ber Mar­tin Zwei­fel und Mi­cha­el Beusch strin­gen­ter zu sein. Darin wird näm­lich unter an­de­rem die An­sicht ver­tre­ten, dass bei der Zu­spre­chung einer Par­tei­ent­schä­di­gung ge­nau­so wie bei der Ver­le­gung der Ver­fah­rens­kos­ten vom Un­ter­lie­ger­prin­zip aus­nahms­wei­se ab­ge­wi­chen wer­den könne, na­ment­lich dann, wenn die ob­sie­gen­de Par­tei ein un­nö­ti­ges Be­schwer­de­ver­fah­ren oder in un­nö­ti­ger Weise Par­tei­kos­ten ver­ur­sacht habe (Hun­zi­ker Sil­via und Mayer-​Knobel Jsa­bel­le, in: Zwei­fel / Beusch [Hrsg.]: Bun­des­ge­setz über die di­rek­te Bun­des­steu­er, 3. Aufl., Basel 2017, Art. 144 N 23). Vor­lie­gend wurde be­reits fest­ge­stellt, dass der ob­sie­gen­de Be­schwer­de­füh­rer das Be­schwer­de­ver­fah­ren nicht un­nö­tig ge­führt hat. Des­halb kann ihm nun auch nicht an­ge­krei­det wer­den, dass die Kos­ten sei­ner Rechts­ver­tre­tung grund­sätz­lich un­nö­tig waren. Es gibt also kei­nen Grund, bei den Par­tei­kos­ten vom Un­ter­lie­ger­prin­zip ab­zu­wei­chen. Die Steu­er­ver­wal­tung bringt vor, sie habe die Rück­erstat­tung wegen der durch den Bund vor­ge­nom­me­nen Pra­xis­ver­schär­fung im KS Nr. 40 ver­wei­gern müs­sen. Dies trifft wohl zu, doch taugt das Ar­gu­ment nicht, um damit dem Be­schwer­de­füh­rer die Zu­spre­chung einer Par­tei­ent­schä­di­gung zu ver­wei­gern. Das Un­ter­lie­ger­prin­zip be­wirkt näm­lich eine auf dem blos­sen Un­ter­lie­gen im Ver­fah­ren be­ru­hen­de Kos­ten­er­satz­pflicht im Sinne einer ge­setz­li­chen Kau­sal­haf­tung. Des­halb kommt es nicht dar­auf an, aus wel­chen Grün­den eine Par­tei un­ter­le­gen ist (Hun­zi­ker / Mayer-​Knobel, a.a.O., Art. 144 N 6). Die kan­to­na­le Steu­er­ver­wal­tung ist damit zur Leis­tung einer Par­tei­ent­schä­di­gung an den Be­schwer­de­füh­rer zu ver­pflich­ten. Wie zuvor aus­ge­führt, kann diese Ver­pflich­tung der EStV nicht über­bun­den wer­den.

(…)

Ur­teil des Ver­wal­tungs­ge­richts vom 27. Au­gust 2019, A 2016 34
Das Ur­teil ist rechts­kräf­tig.

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